Schlichtheit der Dargestellten und die sachliche Zweckmässigkeit des Stubeninterieurs,
dessen Wandschmuck liebevoll mitporträtiert wurde, lassen Wesenszüge des
österreichischen Vormärz deutlich werden. Fast scheint es so, als ob in Stöbers Gruppen-
bildnis die Anliegen der Biedermeier-Zeit nach Geborgenheit in der Familie und nach
Beschaulichkeit des Tuns zu einem romantischen Leitbild zusammengefasst wären.
Reinhold Baumstark
LITERATUR: Kat. 193L Nr. 2125 (fälschlich als Franz Stöber); P. G. Graf Gudenus. Die Wiener
Künstlerfamilie Joseph Stöber (1767), in: Unsere Heimat, Monatsblatt des Vereins für Landeskunde von
Niederösterreich und Wien, XXXX, 1969, S. 44 £; Kat. Ausst. 1979, Nr. 25
108-110
Friedrich von Amerling
Österreich, 1805 - 1887
Amerling kann als der angesehenste österreichische Porträtmaler des 19. Jahrhunderts
gelten. Die Grundlagen seiner Malerei erwarb er sich nach dem Besuch der Wiener
Akademie durch Studienaufenthalte in London und Paris, wo er von Thomas Lawrence
und Horace Vernet unterrichtet wurde. In Wien wuchs das Ansehen des Porträtisten
rasch. Aufträge des Kaiserhauses und des Adels wurden vor allem vor dem Jahr 1848
ausgeführt, so dass sich in Amerlings Porträtschaffen das Bild des österreichischen
Vormärz widergespiegelt findet.
BILDNIS DER PRINZESSIN MARIE FRANZISKA
VON LIECHTENSTEIN
IM ALTER VON ZWEI JAHREN
Leinwand 33 x 27 cm Bez. FrAmerling 1836
Liechtenstein Inv. Nr. 2314
Amerling ist mehrfach beauftragt worden, Mitglieder der Familie des Fürsten Alois II.
von Liechtenstein zu porträtieren. So entstanden Kinderbildnisse der Prinzessinnen
Karoline (1837) und Sophie (um 1839), ein lebensgrosses Reiterporträt des fünfjährigen
Erbprinzen Johannes (1845) und schliesslich das Staatsporträt des Fürsten in der Robe
des Ordens vom Goldenen Vlies (1845). Das früheste Gemälde dieser Bildnisfolge zeigt
die zweijährige Prinzessin Marie von Liechtenstein (1834-1909), die sich 1860 mit
Ferdinand Graf Trauttmansdorff vermählte. Amerlings Meisterschaft in der höchst
lebendigen Erfassung auch der kindlichen Physiognomie verbindet sich mit dem
glücklichen Einfall, die Züge des Mädchens im Schlaf wiederzugeben. Die kleine
Prinzessin liegt in Kissen gebettet, Sonnenlicht fällt auf den Lockenkopf, und noch im
Schlummer hält sie eine Puppe fest an sich gedrückt. Ungekünstelt und voll Anmut hat
Amerling diese friedliche Szene der Anhänglichkeit an das Spielzeug und der
Geborgenheit des Kindes im Schlaf dargestellt, gleichsam als ein gemaltes Wiegenlied.
Reinhold Baumstark