Version ein weiterer Entwurf für die Decius-Mus-Reihe sei; Unterschiede in Format, Thema und Stil
nehmen dieser Hypothese jedoch jede Grundlage. In der Tat stammt sowohl die vorliegende Skizze
als auch das endgültige Werk aus der Zeit um 1620, das heißt nach den Decius-Mus-Gemälden. Im
Gegensatz zu dem eher klassizistischen Stil der früheren Reihe zeigt Mars und Rhea Silvia einen
eher klassischen Ansatz bei der Darstellung von Ereignissen der Vergangenheit. Um 1620 hat
Rubens möglicherweise einen Zyklus von Wandteppichen der Frühgeschichte Roms geplant, eine
Idee, die aufgeschoben und schließlich ganz aufgegeben wurde, als er 1621 mit der Arbeit an seinem
großen, von Maria von Medici in Auftrag gegebenen Zyklus in Paris begann. Die Situation wird noch
verworrener durch andere Skizzen von Rubens, die Szenen aus dem Leben Romulus' darstellen. Es
handelt sich wahrscheinlich wieder um Entwürfe für Wandteppiche, was die scheinbar
spiegelverkehrten Kompositionen bestätigen würden (siehe Held 1980, Nr. 279-280). Diese Skizzen
können auf 1630 datiert werden, was die Frage aufwirft, ob das früher fertiggestellte Mars und Rhea
Silvia ebenfalls zu dieser Gruppe gehört. Die gesamten Skizzen könnten jedoch auch Fragmente
eines unvollständigen Erzählzyklus' über Roms heldenhafte Vergangenheit sein, ein Thema, das
Rubens viele Jahre seines Lebens sehr beschäftigte. Es bleibt weiteren Nachforschungen überlassen,
das faszinierende Rätsel um den genauen Platz der vorliegenden Arbeit in einem solchen Zyklüs zu
lösen.
Reinhold Baumstark
LITERATUR: Kat. 1974, S. 16; Baumstark 1977, S. 35-51; Baumstark 1980, Nr. 58; Held 1980, Bd. 1, S. 336-337
LUÜS
Peter Paul Rubens
Flandern, 1577-1640
MARS UND RHEA SILVIA
Öl auf Leinwand, 209 x 272 cm
Liechtenstein Inv. Nr. 122
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