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Peter Paul Rubens
Flandern, 1577-1640
PORTRÄT VON CLARA SERENA RUBENS
Öl auf Leinwand, auf Holz gespannt; 33 x 26,3 cm
Liechtenstein Inv. Nr. 105
Dieses Bildnis eines Kindes, das um ca. 1616 entstand, ist ein wunderbares Kabinettstück der
Porträtmalerei. Das Bild fängt die Lieblichkeit, die Unschuld und den Charme eines jungen
Mädchens ein und ist erfüllt von einem liebevollen Einfühlungsvermögen. Mit großer Sorgfalt gibt
Rubens die Persönlichkeit des Kindes wieder, ohne die unregelmäßigen Augen oder den leicht
verzogenen Mund zu beschönigen. Unter goldbraunen Haaren, die nach hinten gekämmt sind,
blicken große Augen mit einer ernsten und lebhaften Offenheit hervor.
Die zärtliche Vertrautheit dieses kleinen Bildes scheint auf ein inniges Band zwischen Maler und
Modell hinzuweisen, und Kritiker haben das Mädchen lange Zeit mit Rubens’ Tochter gleichgesetzt.
Für Bode (1888b, S. 28) war der dreijährige Albrecht ein möglicher Kandidat, aber seit Rooses
(1890, S. 156) ist man sich allgemein darüber einig, daß das Modell Clara Serena Rubens, die zu
dem Zeitpunkt ungefähr fünf Jahre alte Tochter des Malers, gewesen ist. Der einzige, jedoch
überzeugende Beweis hierfür ist die große Ähnlichkeit in der Physiognomie zwischen dem Modell
auf diesem Bild und Isabella Brant, Rubens erster Frau, die auf einem Porträt zusammen mit Rubens
dargestellt ist. Clara Serena, die älteste Tochter, muß ihrer Mutter sehr ähnlich gewesen sein, eine
Annahme, die von den Porträts von Isabella Brant, darunter Rubens' Zeichnung aus der Zeit um 1622
im British Museum in London, bestätigt wird.
Clara Serena wurde am 21. März 1611 in der Sankt-Andreas-Kirche in Antwerpen getauft. Ihr
Taufpate war Philip Rubens, der Bruder des Malers. Den Vornamen bekam sie von ihrer Großmutter
mütterlicherseits, Clara Moy, die bei der Feier anwesend war. Ihr zweiter Vorname scheint ihr zu
Ehren der Infantin Isabella Clara Eugenia, der Regentin der Spanischen Niederlande und der
offiziellen Arbeitgeberin des Malers, in Anspielung auf den Titel Serenissima, gegeben worden zu
sein. Es gibt keine weiteren Angaben über Clara Serena bis zu ihrem Tod im Alter von zwölf Jahren.
In einem Postskriptum zu seinem (verschollenen) Brief vom-25. Oktober 1623 muß Rubens seinem
Freund Fabri de Peiresc ihren Tod mitgeteilt haben, denn Peiresc's tröstende Worte haben die
Jahrhunderte überdauert: "sua figliolina unica, giä arrivata a tanto merito" (seine einzige kleine
Tochter, die solche Begabung gezeigt hatte).
Mit großer Wahrscheinlichkeit hat Rubens seine Tochter kurz vor deren Tod in einer berühmten
Zeichnung porträtiert (Graphische Sammlung Albertina, Wien). Auf jenem Bild ist Clara Serena
ungefähr zwölf Jahre alt, und die Ähnlichkeit mit ihrer Mutter ist verblüffend. Die mädchenhaften
Züge entsprechen exakt der kindlicheren Erscheinung auf dem Vaduzer Gemälde, auch die Art, wie
sie ihr Haar trägt, hat sich kaum verändert. Zwei Ölskizzen im Metropolitan Museum in New York
und im Musee Diocesaen in Lüttich zeigen ebenfalls Clara Serena zur ungefähr gleichen Zeit, aber es
gibt zuwenig Anhaltspunkte, um sie als Werke von Rubens klassifizieren zu können. Sie sollten wohl
eher Anhängern des Malers zugeschrieben werden. Die Wiener Zeichnung, auf der ein weiteres
Porträt des Kindes in der Hermitage in Leningrad basiert, wurde später mit der Anmerkung "Sael
dochter van de Infante tod Brussel" (die Ehrenjungfer der Infantin in Brüssel) versehen. Es gibt
keinen weiteren Beleg der Anwesenheit Clara Serenas am Hof in Brüssel, aber es scheint