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Jan Brueghel der Ältere
Flandern, 1568- 1625
LANDSCHAFT MIT DEM JUNGEN TOBIAS
Öl auf Kupfer; 36 x 55 cm
Signiert (unten links): BRUEGHEL 1598
Liechtenstein Inv. Nr. 477
Dieses außergewöhnliche, auf Kupfer gemalte Bild ist eines der frühesten und bedeutendsten
Landschaftsgemälde Brueghels. Es entstand im Jahre 1598, zwei Jahre nach seiner Rückkehr von
einem sechsjährigen Italien-Aufenthalt nach Antwerpen. Das Bild erinnert - durch die massiven, und
hier, wie bei den meisten flämischen Malern, unzulässigen Berge im Hintergrund - an seine Reise
über die Alpen. Brueghel hatte diese Art von Landschaftsdarstellung und Komposition während
seines Aufenthalts in Rom entwickelt.
Seine frühen "Küstenlandschaften", der diese Flußlandschaft sowie das zeitgenössische Bild Christus
predigt im Hafen in der Alten Pinakothek in München (Ertz 1979, Nr. 46, Abb. 8) nahestehen, lassen
sich letztendlich von den Landschaftszeichnungen, die Jan Brueghels Vater, Pieter Brueghel der
Ältere, während seiner Italienreisen Anfang der fünfziger Jahre des sechzehnten Jahrhunderts
angefertigt hat, herleiten. Jan Brueghel wurde ein Jahr vor dem Tode seines Vaters geboren. Er
kannte oder besaß möglicherweise viele Zeichnungen seines Vaters und hatte sich zweifellos
während seiner frühen Jahre in Antwerpen mit den Stichen nach Zeichnungen von Pieter Brueghel
und anderen Künstlern, die er beeinflußt hatte - so die Brüder Mathys und Hieronymus Cock (Riggs
1977) -, vertraut machen können.
In Rom konnte sich Brueghels Stil mehr oder weniger unabhängig entwickeln, auch wenn die
Zeichnungen seines Vaters, die Malereien von Paul Bril (1554-1626) und sein Förderer Kardinal
Federigo Borromeo ihm auf unterschiedliche Art Inspiration und Unterstützung waren. Diese Art der
Komposition, die, bezüglich der Breite der Ansicht und der Einheit des Raumes, ein frühes Stadium
der Reife im Liechtensteinischen Bild erreichte, wurde von Jan Brueghel zum ersten Mal gegen 1595
(Gerszi 1982, S. 143-171) formalisiert.
Die wichtige Rolle, die Jan Brueghel in der Entwicklung der realistischen Landschaftsmalerei spielte,
wird in Bildern aus der Zeit um das Ende des sechzehnten Jahrhunderts - wie dem vorliegenden -
sowie jenen, die während der darauffolgenden zehn Jahre entstanden, offensichtlich. Es sollte jedoch
hervorgehoben werden, daß sich, zumindest bis zur Jahrhundertwende, in seiner Arbeit eine
Verfeinerung bestimmter Qualitäten zeigte, die als charakteristisch für den späten Manierismus
gelten. Rhythmus und Muster im vorliegenden Bild sowie die Formen der Bäume, mit ihrem
bukettartigen Laubwerk, sind dekorativer - näher am Stil Saverys, zum Beispiel - als jene in van
Coninxloos Waldlandschaft, das ebenfalls auf das Jahr 1598 datiert ist. Die Palette der Landschaft
mit dem jungen Tobias, während sie den Eindruck eines stimmungsvollen Nachmittags vermittelt,
wurde im gleichen Maße dem Geschmack als auch dem tatsächlichen Leben entsprechend dargestellt.
Nicht einmal eine solch festliche Menge dürfte, zu Brueghels Zeiten, die Vorliebe des Malers für
Grundfarben, wie sie hier in den Kostümen zu sehen sind, geteilt haben. Durch diese Akzentsetzung
werden bestimmte Figuren mitten in einem erstaunlichen Meer von Details hervorgehoben. Brueghels
Ansatz erinnert im Ganzen an die "Welt-Landschaften" früher Künstler wie Albrecht Altdorfer (die
Alexanderschlacht aus dem Jahre 1529 in der Alten Pinakothek, München) und erfüllt die Ansprüche
solcher Kunstverständigen wie Kardinal Borromeo im Hinblick auf Kabinettstücke, in denen jeder