wird von Hieronymus in seiner Darstellung des Leben Paulus' erzählt. Antonius entsagte bereits in
jungen Jahren allen weltlichen Genüssen und zog sich zu einem Einsiedlerleben in der Wüste zurück.
Im Alter von neunzig Jahren, davon überzeugt, daß er der einzige gewesen sei, der Gott auf diese
Weise gedient habe, erfuhr er von Paulus, dem dreiundzwanzig Jahre älteren Ureinsiedler. Er fand
den älteren Asketen am Rande der Wüste von Theben, wo er sich von den Früchten einer
Dattelpalme und einem Laib Brot, der ihm jeden Tag von einem Raben gebracht wurde, ernährte
Am Tage ihres Treffens brachte der Rabe, ein Bote der göttlichen Vorsehung, die doppelte Menge.
Antonius blieb bei Paulus bis zu dessen Tod ein paar Jahre später. Im Hintergrund des vorliegenden
Bildes ist Antonius zweimal zu sehen: beim Begraben seines Freundes und der Fortsetzung seiner
Wanderung.
Die Palmengruppe rechts ist fast der einzige Hinweis auf die ägyptische Wüste, wo sich die beiden
Eremiten trafen. Der Künstler schuf eine detaillierte Landschaft, in der die beiden Einsiedler
gemütlich auf einer Lichtung zusammensitzen, während um sie herum der Wald von Leben wimmelt.
Außer dem Raben, der eine zentrale Rolle in der Geschichte spielt, sind grasende Rehe, eine Ziege,
Kaninchen, eine Eidechse, viele kleine Vögel und eine Eule zu sehen - letztere war der Grund,
warum Bode (1895a, S. 118) das Werk Herri met de Bles (siehe Kat. Nr. 87) zuschrieb. Die Ziege,
deren Silhouette man oben rechts am Horizont erkennen kann, stammt von Dürers bekanntem
Kupferstich Adam und Eva, datiert 1504, ein Werk, das de Cocks Sichtweise der Natur allgemein
beeinflußt zu haben scheint. Dürers Holzschnitt aus der Zeit um 1503 wurde möglicherweise auch als
Modell für die Komposition herangezogen, obwohl de Cocks Verarbeitung des Themas die von
Dürer in seiner Auffassung des Menschen als integralem Bestandteil der Natur bei weitem übertrifft.
Dies wird besonders deutlich an dem auffälligen Baum mit seinen abgebrochenen Ästen, durch den
die Komposition rechts ausgewogen bleibt. Seine knorrige und krumme Gestalt spiegelt sich in der
von Paulus wider und lenkt das Interesse genauso stark auf sich selbst wie auf die beiden alten
Einsiedler.
Die Komposition ist sowohl reich an ikonographischen Details als auch an naturalistischen
Beobachtungen. Paulus scheint allem weltlichen Besitz entsagt zu haben und hat lediglich den alten,
verbeulten Becher neben sich behalten - möglicherweise ein Hinweis auf seine Rolle als moderner
Diogenes. Antonius' Attribute, das Tau-Kreuz und das daran befestigte Glöckchen, stammen aus
dem zwölften Jahrhundert. Sie gehören zur Tracht der Mitglieder des Antoniusordens, der gegen
1100 gegründet wurde. Die Antoniusmönche trugen schwarze Gewänder mit einem blauen Tau-
Kreuz und klingelten mit dem Glöckchen, wenn sie um Almosen bettelten. Ein Stück einer
verzweigten roten Koralle in Form eines Tau-Kreuzes liegt am Rand des Pfades vor den anderen
Objekten (ein Detail, auf das Robert A. Koch den Autor aufmerksam machte). Dies ist ein passender
Talisman für Antonius, denn laut seiner Geschichte wurde er von Teufeln gequält. Im Hortus
sanitatus, einem naturkundlichen Buch, das zur Zeit, als das Bild entstand, sehr beliebt war, ist zu
lesen: "Teufel fürchten Korallen, denn seine Äste haben häufig die Form eines Kreuzes" (siehe
Charbonneau-Lassav 1940. S. 771).
Der Maler, unter dessen Namen das vorliegende Bild sowie auch eine Reihe anderer Gemälde
zusammengefaßt werden, wird oft der "mutmaßliche Jan de Cock" genannt, da es kaum Belege für
eine Zuordnung von Werken an Jan de Cock gibt. Ein Druck (reproduziert in Lafond 1914,
gegenüber Seite 98), der offensichtlich von einer Tafel stammt, die im dritten Viertel des sechzehnten
Jahrhunderts angefertigt wurde, stellt den heiligen Christophorus spiegelverkehrt dar (Sammlung der
Baronin Elisabeth von Bissing, Oberaudorf, 1969). Er enthält drei elegische Verspaare, die das
Thema kommentieren und existiert in zwei Ausführungen, wovon die neuere die Aufschrift "C.
Dankertz Exc." trägt. Cornelis Danckerts war ein Verleger, der gegen Mitte des siebzehnten
Jahrhunderts in Amsterdam tätig war. Sowohl auf diesem Druck als auch auf dem früheren (Abdruck
im Metropolitan Museum, New York, 56.500.198), erscheint die Schrift "Pictum J. kock" in zwei
Zeilen rechts des dritten Verspaares. Obwohl die Form ungewöhnlich ist, so kann die Inschrift nur
bedeuten, daß das Bild, nach dem der Druck hergestellt wurde, von "J. Kock" stammt. Friedländer