Dr. Wyss erklärt sich bereit, dem ihm gegenüber als zunächst zuständi-
gem Offizier geäußerten Ansuchen um Aufnahme der Truppe auf den
neutralen liechtensteinischen Boden zu entsprechen, natürlich vorbe-
haltlich des politischen Entscheides der liechtensteinischen Regierung,
die sich hier mit der Schweiz abspricht. Dieser erfolgt positiv, was den
vorläufigen Verbleib der Truppe auf liechtensteinischem Boden angeht,
nachdem die Vertreter der Regierung am Schauplatz des Geschehens
eintreffen. In der alten Schellenberger „Wirthschaft zum Löwen” finden
erste Kontaktgespräche statt, während die erschöpften Männer und
Frauen provisorisch untergebracht werden, wie es den damaligen dörf-
lichen Möglichkeiten eben entspricht. Anderntags bestaunt die Bevöl-
kerung die Uniformierten und deren Fahrzeuge und vor allem die in
großen Haufen angesammelten verschiedenartigen Waffen. Auf liech-
tensteinischer Seite ist man sich der Tatsache, überrumpelt worden zu
sein, wohl bewußt, gleichzeitig aber ist man froh, daß wenigstens Blut-
vergießen vermieden wurde und konzentriert sich ohne Wenn und Aber
darauf, was Jetzt zu tun ist. Die Männer der I. Russischen Nationalarmee
mit den deutschen Uniformen mit fremdartig wirkenden Abzeichen
warten schicksalsergeben darauf, was nun mit ihnen geschehen wird.
Sie sind zunächst einmal müde und entspannt und diskutieren, wenn
überhaupt, vor allem über ihre Pläne im Falle einer Internierung oder
Auslieferung. Noch mehr als vierzig Jahre später erinnern sich zwei
Augenzeugen, die es genau wissen müssen, sehr gut an viele Einzelhei-
ten aus jenen Tagen. Sie gehören zu den wenigen, die man noch befra-
gen kann, alle anderen sind in alle Winde verstreut oder inzwischen
gestorben: General Holmston lebte zum Zeitpunkt der Recherchen zu
diesem Buch in Vaduz mit seiner Gattin, Oberleutnant Michail Sochin
(Der Name war ein Pseudonym, seinen wahren Namen hat er aus Angst
vor dem KGB ins Grab mitgenommen) ist seit damals fast ununterbro-
chen in Liechtenstein wohnhaft gewesen, verheiratet mit einer Liech-
tensteinerin, seine Kinder sind bereits eingebürgert worden. Er erinner-
te sich: „Unsere Truppe bestand aus vier Kompanien. In meiner Kom-
panie waren noch 65 Soldaten, meist junge Leute von 18 bis 20 Jahren.
Bei einem amerikanischen Flugzeugangriff in Dornbirn hatten wir zum