Retten, was zu retten ist:
das nackte Leben
Der militärische Zusammenbruch verläuft jetzt unerwartet rasch. Der
amerikanische Vorstoß durch Süddeutschland Richtung Tirol-Salzburg
gewinnt zunehmend an Boden, und die französischen Truppen beginnen
mit dem Vormarsch Richtung Bodensee und Vorarlberg. Generalmajor
Holmston verfolgt die Entwicklung mit gespannterer Aufmerksamkeit
als jeder andere Offizier in diesem großräumigen Bereich, weil er ja
noch Pläne hat, von denen nur wenige wissen.
20. April: Nürnberg wird von den US-Truppen genommen, am 16.
bereits hatte die sowjetische Großoffensive gegen Berlin begonnen.
Später sagte General Holmston darüber: „Es galt zu retten, was noch zu
retten war. Die Lage war kritisch.” In der Tat gilt es nun, aus dem
militärischen und politischen Chaos, das sich vollends abzuzeichnen
beginnt, in Sicherheit — sprich: neutrales Ausland — zu gelangen. Und
hierfür hatte er schon früher entsprechend vorgesorgt.
Nach dem von Hitler verschuldeten Desaster von Stalingrad hatte
Holmston mit Abwehrchef Reinhard Gehlen die heimliche Absetzbewe-
gung der Truppe zur Rettung der Männer in die Schweiz abgemacht.
Für den Fall notwendig werdender Verhandlungen mit Vertretern der
westalliierten Streitkräfte hatte er in seinen Stab getarnt zwei polnische
und einen britischen Offizier aufgenommen. Letzterer hatte vorher auf
Seiten der nationalpolnischen Partisanen gekämpft:
Laut Brief Holmstons vom 9. 5. 1945 an Liechtensteins Regierungschef
Dr. Hoop hatten sich der Truppe vor deren Grenzübertritt drei Personen
angeschlossen: Reserve-Hotm. Rafel Olbromski und Reserve-Oberleut-
nant Joseph Dolarz, beide Polen, sowie der britische Oberleutnant
Alfred Tullett-Henry.
Interessant dazu diese Aussage Holmstons aus einem Brief: „Schon
früher, während meiner Warschauer Tätigkeit, hatte ich direkt oder
durch Vermittlung der polnischen Widerstandsbewegung mit London