Das „bequeme Einfallstor”
In einer „Kundmachung der Fürstlichen Regierung” unter Dr. Alois
Vogt vom April 1945 heißt es, daß „ein Bodenstreifen von 10 Metern
längs der Grenze im Norden nicht bepflanzt werden darf”. Es solle ein
Stacheldrahtzaun in einer Tiefe von fünf Metern von der natürlichen
Grenze des Rheins bis zum „Maurer Berg” angebracht werden. Die Ent-
wicklung der Kämpfe im süddeutschen Raum gebe zu Besorgnissen
Anlaß. Wie die Schweiz für die Abriegelung der Ostgrenze Sorge trage,
müsse auch Liechtenstein das bequeme Einfallstor im Tale schützen,
hieß es. In weiteren Weisungen wurde gebeten, die durch die Lage voll
in Anspruch genommene Regierung nicht mit „minderwichtigen” Ange-
legenheiten zu behelligen, es wurde darauf verwiesen, daß als einziger
Ort des Grenzübertritts zum Deutschen Reich (Vorarlberg gehörte ja zur
„Ostmark”) nur Schaanwald zur Verfügung stehe und auch das nur bei
der Rückkehr von den Schweizern oder Liechtensteinern. Ferner wurde
um Geld-, Lebensmittel-, Lebensmittelkarten- und insbesondere Brot-
coupon-Spenden zur Linderung des Flüchtlingselends gebeten. Für den
Kriegsfall, also den Einmarsch fremder Truppen aus welchen Gründen
auch immer, waren Sonderweisungen ergangen, die zweifellos auch im
Falle der Truppe General Holmstons eingetreten wären, wenn dieser
Grenzübertritt nicht so überraschend vonstatten gegangen wäre. Man-
gels Sirenen sollten die Kirchenglocken Sturm läuten, die Bevölkerung
sollte sich „mit ihrer Viehhabe” in den nächstliegenden Wald begeben
und größere Straßen meiden, die Häuser sollten offenbleiben und an den
Fenstern weiße Tücher herausgehängt werden. Jeder Widerstand sei zu
unterlassen. Wie bedrohlich und unsicher die Lage war, wie wenig man
noch auf die Einhaltung einer festen Ordnung und die Respektierung der
liechtensteinischen Neutralität baute, verdeutlicht auch dieser Satz: „Bis
zur endgültigen Besetzung Vorarlbergs soll die Bevölkerung des Unter-
landes sich möglichst wenig auf den Feldern aufhalten.” Es stellte sich
heraus, daß einige diese Weisungen sofort befolgt und den Hinweis, daß
dies reine Vorsichtsmaßnahmen seien, übersehen hatten. Allmählich
beruhigte sich die Lage jedoch, wenn man auch festhalten kann, daß das
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