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Im übrigen macht die EU den Abschluss bilateraler Abkommen mit der Schweiz
grundsätzlich von der Einführung der vollen Personenfreizügigkeit für EU- und EWR-
Angehörige abhängig. Man kann sich unschwer vorstellen, welche Wünsche die EU
gegebenenfalls Liechtenstein gegenüber aufs Tapet bringen würde. Dass die Themen
Personenfreizügigkeit und Finanzdienstleistungen unter diesen Desideraten figurieren
würden, muss nach den Erfahrungen der Schweiz angenommen werden.
Schliesslich ist Bilateralismus gleichbedeutend mit der Notwendigkeit dauernden
Nachvollzugs von EU-Recht. Der Souveränitätsverlust ist damit beim bilateralen
Ansatz weitaus grösser als im EWR. So hat die Schweiz seit 1988 rund 200
Bundesgesetze nach den Vorgaben aus Brüssel ausgestaltet, ohne dass ihr. ein
irgendwie geartetes Mitspracherecht zugekommen wäre. Der Nachvollzug an sich
garantiert jedoch noch keinen Zugang zum Binnenmarkt.
1:22. EU-Beitritt
Die Variante EWR-Nein mit anschliessendem EU-Beitritt ist, soweit ersichtlich, bislang
in der politischen Debatte kaum erörtert worden. Im Blick auf die geographischen
Gegebenheiten würde ein EU-Beitritt Liechtensteins wohl eine institutionelle Reform
der EU voraussetzen. Immerhin ist nicht zu vergessen, dass Malta bereits vor einigen
Jahren ein Beitrittsgesuch in Brüssel deponiert hat. Ein EU-Beitritt würde allerdings die
Übernahme des EU-Rechts auch im Bereich der Steuern voraussetzen.
1.3. "Sonderabkommen" mit der EU
Ein bilaterales "Sonderabkommen" mit der EU nach dem Vorbild Andorras oder San
Marinos böte bei weitem nicht die Vorzüge des EWR. Im übrigen lassen sich beide
Staaten hinsichtlich Wirtschaftsstruktur und staatsrechtlicher Stellung nicht mit
Liechtenstein vergleichen. Das "Europäische Fürstentum Andorra“ spielt als
Finanzplatz nur eine untergeordnete Rolle. Völkerrechtlich wird Andorra nicht einmal
als souveräner Staat, sondern lediglich als feudalrechtliches Kondominium angesehen.
Auch in San Marino sind die Vermögensverwaltung und der Zufluss ausländischen