Standortbestimmung
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bereits in seiner Erklärung von 1970 betont, dass ein Abkommen entwicklungsfähig
sein müsse 7. Als geeignete Grundlage für den Ausbau der Beziehungen wurde nun
Art. 32 FHA, die sogenannte Entwicklungsklausel, betrachtet. Entsprechend war die
Politik der Schweiz auf den Abschluss weiterer bilateraler völkerrechtlicher Abkommen
auf der Basis der Gegenseitigkeit gerichtet. Diese Strategie war zunächst jedenfalls
wirtschaftlich durchaus erfolgreich. Die politisch Verantwortlichen pflegten regelmässig
und gegenüber anderen EFTA-Ländern nicht ohne Stolz auf die "berühmten" über
hundert bilateralen Verträge hinzuweisen, welche die Schweiz mit der Gemeinschaft
verbinden. Bei näherem Zusehen entdeckt man freilich, dass ein Grossteil dieses
Vertragsnetzes die Bereiche Uhren, Forschung, Technologie und Käsehandel
beschlägt *®. Liechtenstein ist an diesen Abkommen ebenfalls beteiligt. Die europäi-
sche Öffentlichkeit nahm aber das Fürstentum als Partner kaum wahr. Alles in allem
wurde der Bilateralismus in der Schweiz als goldener Mittelweg zwischen Beitritt und
Abseitsstehen empfunden, der Satz vom Nichtbeitritt zum Glaubenssatz hochstilisiert.
Der reine völkerrechtliche Ansatz war gewissermassen kanonisiert. Eine Integration
unter offener Übertragung von Souveränitätsrechten auf ein supranationales Gebilde
erschien bis in die jüngste Zukunft als undenkbar.
Als Krönung des punktuell-pragmatischen Zusammenarbeitsmodells ist da und dort
das 1989 nach 16-jähriger Verhandlungsdauer abgeschlossene Abkommen zwischen
der Schweiz und der EG betreffend die Direktversicherung mit Ausnahme der
Lebensversicherung ** gefeiert worden. Tatsächlich bildete es wohl den Abschluss
der Phase traditionell-bilateraler Kooperation. Der Vertrag stellt die schweizerische
Assekuranz im Nicht-Lebensversicherungsbereich ihren Konkurrenten aus den EG-
Staaten hinsichtlich Zulassung und Ausübung der Tätigkeit in der Gemeinschaft gleich.
Schweizerische Versicherer erhalten das freie Niederlassungsrecht in der Gemein-
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Erklärung in Riklin/Zeller, Die Schweiz und die Europäischen Gemeinschaften,
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Vgl. NZZ Nr. 248 v. 25./26. 10. 1986, 17; Nr. 58 v. 11. 3. 1987, 23; Nr. 83 v.
9. 4. 1987, 21.
BBI 1991 IV 47 ff.