Schlüsselfragen des EWR
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bestimmungen) sowie der Protektionismus in der Vergabepraxis die grösste Rolle
“8 Auch in Liechtenstein besteht aufgrund der geltenen Rechtslage ein erhebliches
Diskriminierungspotential. Die Vergabekriterien sind grösstenteils nicht leistungs-
bezogen **®
2.
=
cz. dd]
Bei einer Ratifizierung des EWR-Abkommens hätte Liechtenstein seine Vergabebe-
stimmungen zu liberalisieren. Einschlägig sind zunächst die (direkt anwendbaren)
Vorschriften des Primärrechts zur Warenverkehrsfreiheit (Art. 11 EWRA) und zur
Dienstleistungsfreiheit (Art. 36 EWRA). Nachdem die Union ein umfangreiches
Richtlinienwerk verabschiedet hat, kommt den Grundfreiheiten vor allem bei
Auftragsvergaben unterhalb der dort genannten Schwellenwerte Bedeutung zu. Die
ESA kann sich in Abkommensverletzungsverfahren vor dem EFTA-Gerichtshof direkt
auf die Grundfreiheiten berufen und damit die Verurteilung eines fehlbaren EFTA-
Staates erreichen. Die EU-Richtlinien zum öffentlichen Auftragswesen gelten im EWR
aufgrund von Art. 65 Abs. 1 EWRA und Anhang XVI **,
Als EWR-Staat steht Liechtenstein allerdings das Recht zu, im Bereich der sog.
Sektoren (Wasserwirtschaft, Energieversorgung, Verkehr, Telekommunikation)
Drittstaatsunternehmen zu diskriminieren. Art. 36 der Sektorenrichtlinie ** stellt
dabei nicht auf die Eigenschaft des Bieters als Drittlandsbieter ab, sondern auf den
Ursprung der Lieferungen. Danach können Angebote zurückgewiesen werden, wenn
der Warenanteil aus Drittländern mehr als 50 % ausmacht. Liegen eine EWR-Offerte
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Vgl. dazu Baudenbacher, Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen
grenzüberschreitender Wirtschaftstätigkeit, 97 f.
Einzelheiten bei Baudenbacher, Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedin-
gungen grenzüberschreitender Wirtschaftstätigkeit, 116 f.
Vgl. Norberg/Hökborg/Johansson/Eilasson/Dedichen, 226 ff.
Richtlinie 93/38/EWG.