Schlüsselfragen des EWR
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bindend verstanden worden ist ®”, Mehr zu erwarten, wäre angesichts der eben
angelaufenen bilateralen Verhandlungen mit der Schweiz, bei denen der freie
Personenverkehr jedenfalls aus der Sicht der EU im Zentrum steht, vollkommen
unrealistisch gewesen.
Damit wird den Interessen Liechtensteins auf Dauer in einer Weise Rechnung
getragen, die noch vor kurzem kaum denkbar schien. Von besonderer Bedeutung ist
die Gemeinsame Erklärung zu den Schutzmassnahmen. Wenn die Anrufung der
Schutzklausel für Liechtenstein unnötig wird, so entfällt auch die Möglichkeit der
Vertragspartner, Ausgleichsmassnahmen zu ergreifen. Vermutungen, wonach
Übergangsfrist, Reviewklausel, Schutzklausel und einseitige Erklärung praktisch
wertlos seien, müssen angesichts dieses Entgegenkommens der EU revidiert werden.
In diesem Zusammenhang darf der Hinweis nicht fehlen, dass ein ähnliches
Nachgeben der EU gegenüber der Schweiz in den bilateralen Verhandlungen äusserst
unwahrscheinlich ist. Darauf wird bei der Erörterung der Alternativen zum EWR für
Liechtenstein zurückzukommen sein.
Jl.
Öffentliches Auftragswesen
status
JU0
Das öffentliche Auftragswesen ist im Fürstentum Liechtenstein bislang, genau wie in
der angrenzenden Schweiz, Gegenstand zahlreicher Beschränkungen. Eine Umfrage
in St. Gallen hat unlängst ergeben, dass die Tätigkeit der Unternehmen im Kanton
durch verschiedene Faktoren behindert wird. Rund ein Drittel der Firmen hat
Schwierigkeiten bei der Akquirierung bzw. Ausführung öffentlicher Aufträge, und zwar
sowohl in der Schweiz als auch in der EU. Unter verschiedenen konkret benannten
Problemen spielen die rechtlichen Regelungen (Einkaufs- und/oder Submissions-
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Vgl. etwa NZZ v. 21. 12. 1994, 21: "Liechtenstein - ein EWR-Fall für sich"; St.
Galler Tagblatt v. 21. 12. 1994: "Ausländerfrage - Ausnahme nur für Liechten-
stein".