Schlüsselfragen des EWR
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Gesamtwirtschaft. Was die Situation des Gewerbes anlangt, so kann Liberalisierung
sowohl Chance als auch Risiko bedeuten. Entscheidende Bedeutung kommt dabei der
Fristigkeit der Betrachtungsweise zu. Eine Chance stellt der freie Wettbewerb fraglos
für leistungsfähige Betriebe dar. Als Bedrohung müssen ihn jene empfinden, welche
sich bisher allzu sehr auf protektionistische Regelungen und Kartellabsprachen
verlassen haben. In diesem Zusammenhang darf der Hinweis nicht fehlen, dass das
liechtensteinische Gewerbe gesamthaft als hoch qualifiziert zu betrachten ist.
Im übrigen ist aus ökonomischer Sicht bezüglich der Auswirkungen eines EWR-
Beitritts des Fürstentums auf das Gewerbe zu differenzieren *®: Die Marktchancen
des lokalen Klein- und Kleinstgewerbes wie Taxichauffeure, Coiffeure, kleine
Restaurants usw. hängen direkt von der Nachfrage ab. Aufgrund der zu erwartenden
positiven allgemeinen Entwicklung nach einem EWR-Ja dürfte diese Nachfrage
gestärkt werden. Positive Folgewirkungen dürften sich sodann für die Zulieferer von
exportorientierten Firmen ergeben. Was die Lage der gewerblichen Unternehmungen
und der kleineren Industriebetriebe anlangt, so sind innerliechtensteinisch ebenfalls
Sekundärwirkungen von der Industrie zu veranschlagen. Eine grössere Ausgaben-
freudigkeit schlägt für sie ebenso zu Buche wie für die Klein- und Kleinstbetriebe.
Insoweit ist wiederum darauf hinzuweisen, dass sich das schweizerische EWR-Nein
nach Auffassung massgeblicher Autoren für alle drei Gewerbetypen negativ ausgewirkt
hat und noch auswirkt. Für die gewerblichen Zulieferer entstehen besonders
schwierige Probleme, wenn Abnehmer aufgrund ihrer Exportorientierung Standortver-
lagerungen ins Ausland vornehmen. In vielen Fällen sind sie nicht in der Lage, den
Abnehmern zu folgen ®*.
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Vgl. dazu und zum nachfolgenden Brauchlin, Auswirkungen für die Industrie-
standorte Schweiz und Liechtenstein, 82 f.
Vgl. Brauchlin, Auswirkungen für die Industriestandorte Schweiz und Liechten-
stein. 83.