Schlüsselfragen des EWR
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2.2. Banken
A.
EWR-Recht
Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit gelten auch im Bankensektor.
Ebenso rechnen die Richtlinien der Europäischen Union zum Acquis communautaire
und sind damit im EWR zu übernehmen **. Die Rechtslage ist seit der Verabschie-
dung der 2. Bankrechtskoordinationsrichtlinie Ende 1989 '* durch eine wesentliche
Mindestharmonisierung gekennzeichnet, welche es nunmehr erlauben soll, für die
übrigen Rechtsmaterien gemäss dem Prinzip der gegenseitigen Anerkennung (Cassis
de Dijon-Prinzip) zu verfahren. Die zentralen Stichworte lauten single licence und
home country control: Banken erhalten (wie Versicherungen) grundsätzlich nur einmal
eine Lizenz, die von den Aufsichtsbehörden des Sitzlandes (d.h. des Herkunftsstaates)
nach den vereinheitlichten nationalen Vorschriften erteilt wird. Aufgrund dieser
Bewilligung können sie Geschäfte im gesamten EWR tätigen. Für die Beaufsichtigung
sind grundsätzlich die Behörden des Herkunftsstaates zuständig '®. Das System
kann nur funktionieren, wenn die grenzüberschreitende Koordination und Kooperation
der nationalen Aufsichtsämter institutionalisiert wird. Insoweit ist das Herkunftsland-
prinzip in der Zweiten Bankrechtskoordinierungsrichtlinie nicht uneingeschränkt
durchgeführt. Die Banken haben vielmehr Anzeige- und Berichtspflichten zu erfüllen
und kommen auf diese Weise in jedem Fall auch mit den Aufsichtsbehörden des
Aufnahmestaates in Kontakt. Nach Art. 21 der 2. Bankrechtskoordinierungsrichtlinie
können die Behörden des Sitzstaates überdies Massnahmen zur Verhinderung oder
Ahndung von Unregelmässigkeiten auf ihrem Gebiet ergreifen '* Im übrigen
schreibt die Erste Richtlinie einen internationalen Informationsaustausch unter den
11 Vgl. Annex IX, Ziff. Il.
162
163
‚64
ABI. L 368 vom 30. 12. 1989, 1.
Vgl. dazu Bader, 117 ff.; Gruson/Nikowitz, 205 ff,
Dazu Jostes, 38 ff.