Schlüsselfragen des EWR
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grenzüberschreitende Dienstleistungen zu erbringen, beseitigt '®. Auch die Kammer-
zugehörigkeit darf nicht vorgeschrieben werden.
Die grenzüberschreitende Ausübung der Dienstleistungsfreiheit wird zusätzlich
begünstigt durch die Richtlinie 77/249 vom 22. 3. 1977 zur Erleichterung der tatsäch-
lichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs für Rechtsanwälte !*®. Danach
gilt für Fragen der beruflichen Qualifikation ausschliesslich das Recht des Her-
kunfislandes. Entsprechend hat der ausländische Anwalt die Berufsbezeichnung
seines Herkunftslandes in dessen Sprache (und unter Nennung der Berufsorganisa-
tion, deren Zuständigkeit er unterliegt oder des Gerichts, bei dem er zugelassen ist)
zu führen (Art. 3). Unzulässig sind auch nach der Richtlinie die Statuierung einer
Kanzieipflicht und einer Pflicht zur Kammerzugehörigkeit. Was das Standesrecht
anlangt, so sind die Regeln des Aufnahmestaates und des Herkunftsstaates zu
beachten (Art. 4 Abs. 2). Bezüglich der Berufsausübung gelten die Bestimmungen des
Aufnahmestaates, soweit ihre Einhaltung für eine ordnungsgemässe Ausübung der
Tätigkeit gerechtfertigt ist (Art. 4 Abs. 4 a.E.). Die EWR-Staaten dürfen allerdings vor-
schreiben, dass der ausländische Anwalt im Bereich der Parteivertretung im Einver-
nehmen mit einem beim angerufenen Gericht zugelassenen Anwalt tätig wird, der dem
Gericht gegenüber die Verantwortung trägt (Art. 5) '°,
Die Vorschriften des EWRA betreffend die Dienstleistungsfreiheit gelten auch für die
Treuhänder. Hingegen gibt es für sie keine eigene Dienstleistungsrichtlinie. Die
Einführung der Kanzleipflicht ist im Rahmen der Dienstlieistungsfreiheit für Treuhänder
ebenso unzulässig wie für Rechtsanwälte. Ob eine Einvernehmensregelung nach dem
* Vgl. dazu auch Kommission ./. Bundesrepublik Deutschland, NJW 1988, 887
ff.
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ABI. 1977 L 78/17.
Weiter kann die Vorstellung beim Gerichtspräsidenten und ggf. beim Vor-
sitzenden der Anwaltskammer angeordnet werden.