Schlüsselfragen des EWR
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D. Niederlassungsfreiheit
aa.
EWR-
mecı.
Niederlassungsfreiheit bedeutet nach der Rechtsprechung des EuGH ein Dreifaches:
(1) Art. 31 EWRA stellt zunächst, wie Art. 52 EGV, eine besondere Ausformung des
in Art. 7 EGV und Art. 4 EWRA niedergelegten Diskriminierungsverbots dar, statuiert
also ein Gebot zur Inländergleichbehandlung *°°. (2) Verboten sind nach der Recht-
sprechung auch versteckte oder indirekte Diskriminierungen. Darunter versteht man
restriktive (wenngleich nicht diskriminierende) Zugangsvoraussetzungen, die für
Ausländer praktisch sehr viel schwerer zu erfüllen sind als für Inländer ***, Beispiel
ist das Aufstellen einer Wohnsitzpflicht für Inländer und für Ausländer. (3) Eine neuere
Auffassung versteht die Niederlassungsfreiheit darüber hinaus als allgemeines
Beschränkungsverbot *”. Danach müssen auch nicht diskriminierende Massnahmen
verhältnismässig sein. Sie werden also daraufhin überprüft, ob sie zur Wahrung schüt-
zenswerter Belange gerechtfertigt sind. Die Übergänge zwischen dem zweiten und
dem dritten Aspekt sind fliessend. Im Bereich der Rechtsanwälte hat der Europäische
Gerichtshof in der Sache alle drei Ausprägungen der Niederlassungsfreiheit anerkannt
'% Nach allgemeiner Auffassung dürfen für niederlassungswillige EWR-Ausländer
folgende Erfordernisse aufgestellt werden: (1) Statuierung einer Kanzleipflicht, (2)
Aufstellung einer Zulassungs- und einer Kammerzugehörigkeitspflicht.
Sekundärrechtlich ist für die Niederlassung von Rechtsanwälten die Richtlinie über die
gegenseitige Anerkennung von Hochschuldiplomen **° einschlägig. Sie gilt für alle
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Vgl. etwa Troberg, Art. 52 Ranr. 39 ff.; Nicolaysen, 135 ff.; Randelzhofer, Art.
52, Rdnr. 36; Kranz, 24.
Vgl. etwa Randelzhofer, Art. 52, Rdnr. 38; Troberg, Art. 52 Radnr. 37.
Val. insbesondere Steindorff, 19 ff.
% Vgl. zuletzt St. Galler Europarechtsbriefe EU B Nr. 6/93, 113 ff. - Kraus.
39 ABI. 1989 Nr. L 19/16.