Schlüsselfragen des EWR
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bestehende Regulierungsgefälle zur EU könnte nach einem EWR-Ja von seiten
Brüssels unter Druck kommen. EWR-Befürworter pflegen demgegenüber darauf
hinzuweisen, dass gerade ein Nichtbeitritt zum EWR die in Rede stehenden Privilegien
gefährden müsste, weil Liechtenstein dann den bereits in der Vergangenheit !*
artikulierten Forderungen der Schweiz völlig ausgeliefert wäre.
2.
2.1.
A.
Zugang zu den Finanzdienstleistungen
Rechtsanwälte und Treuhänüuse:
Problemstellung
Die Teilnahme am Europäischen Wirtschaftsraum ist für Liechtenstein mit erheblichen
Liberalisierungen im Bereich der Anwalts- und Treuhändertätigkeit verbunden. In den
meisten EWR-Staaten ist die Übernahme dieser Regeln keine Angelegenheit von
zentraler Bedeutung. Auch in der schweizerischen EWR-Debatte hat die Frage keine
Rolle gespielt. Das Fürstentum Liechtenstein ist freilich in diesem Punkt wegen der
Bedeutung des Finanzdienstleistungssektors ein Sonderfall. Den Anwälten und
Treuhändern kommt insoweit eine wichtige Zubringerfunktion zu. Es ist kein Zufall,
dass der Schweizerische Anwaltsverband die im EWR geplante Realisierung der
Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit gleichsam mit einem Schulterzucken zur
Kenntnis genommen hat, während in den liechtensteinischen Standesorganisationen
der Rechtsanwälte und Treuhänder auch negative Töne zu vernehmen sind. So wird
etwa das Szenario beschworen, dass ausländische Auftraggeber, welche bisher
jechtensteinische Rechtsanwälte und Treuhänder zur Gründung von Verbands-
Dersonen und zur Errichtung von Treuhänderschaften einschalten (müssen), das
Gründungsgeschäft im Dienstleistungsverkehr selbst betreiben könnten.
nA
Vgl. den Bericht der Eidgenössischen Bankenkommission vom 24. April 1990
über die Finanzbeziehungen zwischen Liechtenstein und der Schweiz an den
Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartementes; weiter die Geschichte
der Einführung der Mehrwertsteuer im Fürstentum.