<unsthaus Vaduz, Modell des Architekten Alexander Freiherr von Branca, München, von 1982; rechts das bestehende Rathaus
Nachdem gegen die Finanzbeschlüsse des Landtags vom
29. April 1980 das Referendum ergriffen worden war,
kam es Anfang September des gleichen Jahres zu einer
Volksabstimmung über das Kreditbegehren zum Bau
3ines Kunsthauses. Das Volk stimmte dem Landtagsbe-
schluss knapp zu.
1979, am 10. Jahrestag des ersten grosszügigen Angebo-
tes, hatte der Fürst sein Angebot an das Volk, einen Quer-
schnitt seiner Sammlung zu Ausstellungszwecken leih-
weise zu überlassen, erneuert und erweitert. Der Landtag
verdankte am 19. Dezember 1979 wiederum umgehend
«in tiefer Freude» das ungewöhnliche Angebot.” Nach
der Volksabstimmung vom 5. und 7. September 1980
schien die Realisierung des Kunsthauses unmittelbar
bevorzustehen. Die Baupläne wurden überarbeitet. Das
Kunsthaus sollte 1986 eröffnet werden.
Doch dann setzte in Vaduz ein «Überparteiliches Initiativ-
komitee» alle Hebel in Bewegung, um den Bau des in
Volksabstimmungen genehmigten Projektes zu verhin-
dern. Gegen jeden neuen Gemeinderatsbeschluss wurde
das Referendum ergriffen. Über weite Strecken verkam
der Streit zur peinlichen Dorfposse. Während in New
York die fürstlichen Kunstschätze im Metropolitan Mu-
seum of Art in den Medien der westlichen Welt gefeiert
wurden, stimmte man in Vaduz über ein Kreditbegehren
für eine öffentliche WC-Anlage im geplanten Kunsthaus
ab. Das Kreditbegehren wurde abgelehnt! Die ausländi-
schen Beobachter rieben sich die Augen.
Schliesslich verlangten 875 Stimmberechtigte der Ge-
meinde Vaduz in der Initiative vom 29. März 1983 eine
neuerliche Abstimmung über das in Volksabstimmungen
genehmigte Projekt. Alle zuständigen Instanzen lehnten
ab. Dann brach die letzte Sprosse der langen Prozesslei-
ter. In den Beratungen des Staatsgerichtshofes kam es
1984 offensichtlich über den Inhalt des Urteils und die
Urteilsfindung zu Differenzen. Der Präsident des Staats-
gerichtshofes wurde der Rechtsbeugung und Manipula-
tion beschuldigt. Die Prozesse verlegten sich weg vom
Kunsthausprojekt auf-die Ebene des Kriminalgerichts.
Überraschend bewilligte der Staatsgerichtshof 1989 die
Wiederaufnahme des Verfahrens im Sinne der Initianten
und stellte nach sieben Jahren fest, dass dem Initiativ-
komitee ein Volksrecht vorenthalten worden sei. Die
Beschwerdeführer aber verzichteten 1991 auf die Durch-
‚ührung einer neuen Gemeindeabstimmung, da das Kunst-
haus ohnehin nicht gebaut werde.” Der ganze Kunsthaus-
wirbel wurde in der Schlussphase überdies auch politisch
instrumentiert, indem eine parlamentarische Untersu-
chungskommission gewisse Aspekte der Vorgänge bei
Gericht untersuchte.”