Volltext: Bestandeskatalog

Max Bill (1908-1994) 
unendliche fläche in form einer säule, 1953 
* 
A 
' 
ER 
Messing, vergoldet 
205 cm (Höhe ohne Sockel) 
LSK 92.10 
Max Bill, der universale Gestalter, hat seine 1953 entworfene 
Dlastik unendliche fläche in form einer säule literarisch kom- 
mentiert. Als er die aus poliertem Messing gefertigte Version 
von 2,50 Meter Höhe 1959 im Städtischen Museum Leverkusen, 
Schloss Morsbroich, ausstellte, konnte man im Katalog,‘ dessen 
Typographie Max Bill entworfen hatte, neben der Abbildung die 
“olgende poetische Interpretation der Plastik lesen: 
ein gras? 
ein schwert? 
ein nerv? 
leicht federnd, vibrierend 
spielend mit dem licht 
hoch aufsteigend, fallend 
wieder nach oben zurückführend zur basis 
beidseitig dieselbe eine fläche 
gefasst von der begrenzenden kontur. 
ein symbol? 
Max Bill hatte wenige Jahre zuvor ein Bekenntnis zur «mathe- 
natischen Denkweise» abgelegt und erläutert: «Die mathemati- 
sche Denkweise in der heutigen Kunst ist nicht die Mathematik 
selbst, ja sie bedient sich kaum dessen, was man unter exakter 
Mathematik versteht. Sie ist vielmehr eine Gestaltung von 
Rhythmen und Beziehungen, von Gesetzen, die individuellen 
Ursprung haben, genau so, wie andererseits auch die Mathema- 
tik ihren Ursprung hat im individuellen Denken der bahnbre- 
chenden Mathematiker.»? Im weiteren Verlauf seiner Gedanken 
streifte Bill verschiedene Beispiele, darunter auch «die Überra- 
schung eines Raumes, der auf der einen Seite beginnt und auf 
der anderen Seite, die gleichzeitig dieselbe ist, in veränderter 
Form endet».? Er spielt damit, wie Jack Burnham entschlüsselt 
hat,* auf den deutschen Mathematiker und Astronomen August 
Ferdinand Möbius (1790-1868) an, den Erfinder des sogenann- 
ten Möbiusbandes, das Bill schon seit 1935 zur unendlichen 
schleife angeregt hat.” Die spätere unendliche fläche in form 
einer säule variiert das Grundthema des Möbiusbandes in einem 
längs gespaltenen Messingband, dessen obere Kante zur unteren 
im rechten Winkel verdreht ist: Die eine Bandhälfte vollzieht die 
Drehung um 90°allmählich, wohingegen die andere eine schnel- 
lere Drehbewegung um 270° beschreibt. 
Die unendliche fläche in form einer säule gibt es in verschiede- 
nen Materialien und Dimensionen. Das Exemplar in der Liech- 
tensteinischen Staatlichen Kunstsammlung besteht aus vergol- 
detem Messing und misst in der Höhe 2,05 Meter. Andere 
Versionen haben Masse von 0,80 bis 12,50 Meter. Variabilität 
in der Grösse gehört zu den Bedingungen, die Max Bills plasti- 
sche Arbeiten erfüllen müssen. Diesen Aspekt hat Adolf Max 
Vogt in seinem Essay dargelegt,° als er der Proportionskunst die 
Dimensionsfreiheit der regulären Körper gegenüberstellte und 
deren Legitimität begründete. ET 
Max Bill. Ausst.-Kat. Städt. Museum Leverkusen, Schloss Morsbroich, 1959, S. 16 f 
Bill, Max: Die mathematische Denkweise in der Kunst unserer Zeit. In: Antoine 
Pevsner, Georges Vantongerloo, Max Bill. Ausst.-Kat. Kunsthaus Zürich, 1949, 0.5 
Buraham, Jack: Beyond modern sculpture. 3. Aufl. New York, 1973, S. 143 f 
Max Bill. Ausst.-Kät., Galerie im Erker, St. Gallen, 1967, 5.4. 
Vogt, Adolf Max: Über Max Bill. In: Max Bill. Ausst.-Kat. Kunsthalle Bern, 1968. 
A 
3 
L
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.