Rolf Iseli (*1934)
Doppelgänger sous roches, 1981/82
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Graphit, Kohle, Acryl, Pastell, Erde
160,5 X 103 cm
Bez. u. M.: R Iseli 81-82
LSK 91.12
Rolf Iseli hat sich für ein Material als Träger seines malerischen
Werkes entschieden: das Papier. Die traditionellen Materialien
Leinwand und Ölfarbe hat er seit 1966 nicht mehr verwendet.
Aber den Techniken der Arbeiten auf Papier — Kohle, Aquarell,
Gouache, Pastell — hat er der Kunst fremde Materialien zuge-
ordnet. Erde vor allem, aber auch Nägel, Federn und andere
Funde, denen er in seinem auserwählten «lieu sacre», St. Ro-
main im Burgund, in der Umgebung seines Hauses begegnet.
Das vorliegende Blatt benutzt vorwiegend die herkömmlichen
Techniken, zeigt aber auch Spuren von Erde.‘ Es «materialisiert»
sich aber auch in den dunklen Partien, die mit Kohle und Blei-
stift dicht übermalt oder — besser gesagt — überzeichnet sind.
Das «Malerische» der Zeichnung verbindet sich mit einem feinen,
zeichnerischen Strich, der sich wie ein Vorhang über das Papier
legt. Thematisch steht das Blatt im Zentrum von Iselis Bildmo-
tiven: Die Schattenfigur, der Doppelgänger, gehört zu den Bild-
inhalten, die der Maler in immer wiederkehrenden Zyklen
umkreist. Und jede dieser Figuren fand ihren Beginn in einem
Schlüsselerlebnis, das Rolf Iseli in seinem in freier Natur gele-
genen Atelier hatte: Wenn er sich über das Blatt beugte, warf die
Sonne sein Schattenbild auf das Papier. Es entstanden die ersten
Selbstporträts als Schattenfigur. Schliesslich wurde das ver-
fremdete Selbstporträt Metapher für das menschliche Wesen
schlechthin.
In all seinen Bildern — auch auf dem Blatt der Liechtensteini-
schen Staatlichen Kunstsammlung — wird die Bildgestalt durch
die Farbe evoziert. Sie hebt die Figuren vor dem hellen Hinter-
grund, der mit einem silhouettierenden Strich einen Stein ahnen
lässt, als Farbträger hervor. Aus den Erfahrungen des Tachis-
mus, dem er als einer der ersten Schweizer Künstler durch die
Begegnung mit Sam Francis in Paris nahegekommen war, hat er
sich seinen persönlichen Stil geschaffen.” Das Gegenständliche
tritt zaghaft im skizzierenden Strich der Linien hervor. Durch
das Papier bekommt die Bildkomposition etwas Immaterielles,
das in der Transparenz der Zeichnung aufgegriffen wird. «Ce
Jqui reste sur le papier, ce ne sont que les traces du travail — ne
pensez rien a son propos — pensez tout court», so hat Rolf Iseli
formuliert. Auf eine äusserst subtile Art führt der Künstler das
Thema des Selbstporträts weiter, das die Maler seit Albrecht
Dürer- existentiell beschäftigt hat. Iseli verschlüsselt seine
Selbstbildnisse so weitgehend, dass niemand, der es nicht von
:hm selbst weiss, den Maler entdecken kann. E.B.
Abb. in: Rolf Iseli. Ausst.-Kat. Galerie Knoedier, Zürich, 1981/82, Nr. 32.
Rolf Iseli. Ausst.-Kat- Muse cantonal des Beaux-Arts, Lausanne. Hrsg. Erika
Billeter. Lausanne, 1991, S. 10.
Chefs-d’ceuvre du Musee cantonal des Beaux-Arts, Lausanne. Hrsg. Erika
Billeter. Lausanne, 1989, S. 308.
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