Volltext: Bestandeskatalog

Pablo Picasso (1881-1973) 
Les vendangeurs, 3.10.1959 
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Farblinolschnitt 
53,5 X 64,5 cm 
57,5 X 67,5 cm 
Bez. u. 1.: 27/50, u. r.: Picasso 
Baer V 1241/V/B/a; Bloch 1937 
LSK 70.06 
1958 verlegt Picasso seinen Lebensmittelpunkt endgültig von 
Paris nach Südfrankreich. Der Wechsel des Wohnortes wirki 
sich unmittelbar auf sein graphisches Arbeiten aus. Die Druck: 
materialien, die Metallplatten, die Steine und natürlich jeder Zu- 
standsdruck muss nun zwischen dem Süden und den Ateliers der 
Drucker in Paris mühsam und unter grossem Zeitverlust hin- 
und hergeschickt werden. Das mag ein Grund gewesen sein, 
weshalb Picasso nach neuen drucktechnischen Möglichkeiten 
Ausschau hielt. Dass er sich für den Linolschnitt entschied, 
scheint insofern naheliegend, als der junge Drucker Arnera in 
Vallauris eine Werkstatt besass und bereits früher Picassos ver- 
einzelt entstandene Linolschnitte gedruckt hatte. 
Zwischen Ende 1958 und April 1960 produziert Picasso nun 
in Zusammenarbeit mit Arnera in schneller Folge eine ganze 
Reihe von Linolschnitten. Bereits mit dem ersten, der Buste de 
femme d’apres Cranach le jeune (Bloch No. 859), gelingt ihm 
ein fulminantes Erstlingswerk im neuen Medium. Wenige Mo- 
nate später, im Frühjahr 1959, entsteht das vorliegende Blatt Les 
vendangeurs (Die Winzer). 1960 stellt Daniel-Henry Kahnwei- 
ler die inzwischen auf 45 Linolschnitte angewachsene Reihe in 
seiner Pariser Galerie Louise Leiris einem staunenden Publikum 
vor, um nach Keramik und Plastik die unerhörte Wandlungs- 
und Ausdrucksfähigkeit Picassos erneut unter Beweis zu stellen. 
Bernhard Geiser schreibt im damals erstellten Katalog: «Bei all 
diesen Erprobungen eines neuen Materials hat Picasso kaum 
ein neues Thema angeschlagen. [...] Das Technische hat ihn 
stark beansprucht [...] und hat, wie ersichtlich, zu grössten 
Überraschungen geführt.»' Tatsächlich erscheint die Emphase 
der Farbe als das Herausforderndste, was der inzwischen 
77jährige Picasso beim von ihm bisher vernachlässigten Linol- 
schnitt in den Mittelpunkt stellt: Der Maler verdrängt in deı 
Graphik erstmals den Zeichner. 
In thematischer Hinsicht greift Picasso nicht über seinen be- 
kannten Kanon hinaus. Vielmehr ordnen sich Porträts, Stier- 
kampfmotive, Figurendarstellungen und — wie im vorliegenden 
Fall der Vendangeurs — ländlich-bukolische Szenen als Staffa- 
gen einem faszinierenden technisch-innovativen Arbeitsprozess 
in vorwiegend braunen, ockerfarbenen und schwarzen Tönen 
unter, Das leicht zu bearbeitende Linoleum ermöglicht zudem 
eine Ausführung in einem weichen konturierenden Linienstil. 
Gepaart mit abrupten Einschnitten und bewegten Formen treibt 
Picasso die Flächenaktivierung bis ins Dekorative voran. Er ver- 
wendet bei diesen Linolschnitten für alle Farben und Zustände 
zumeist nur eine einzige Platte, die er von Druckvorgang zu 
Druckvorgang neu bearbeitet. Die fünfzig Bogen Papier, die 
er für eine Auflage benötigt, werden zuerst mit der noch unbear- 
beiteten Platte und der hellsten Farbe eingefärbt. Dann kreiert 
er den ersten Zustand der Druckplatte. Diese wird mit dem 
nächsten Farbton bestrichen und die Auflageblätter werden 
erneut einzeln bedruckt. Der beschriebene Vorgang wird nun 
bis zu fünf aufeinanderfolgende Male wiederholt. Der letzte 
Zustand der Platte bleibt schliesslich dem Druck der schwarzen 
Farbe vorbehalten. S.A 
Geiser, Bernhard, in: Picasso. 45 Gravures sur Linoleum 1958—1960. Ausst.-Kat 
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