arkannten das Missverhältnis zwischen vorhandenen kul-
urellen Gütern in Liechtenstein und deren timider Nut-
zung im Interesse der Öffentlichkeit und des Geistes-
'ebens. «Wir fangen klein an in der Dimension der
Räume und noch bescheidener in den Mitteln», erklärten
sie.'® In einer ersten Ausstellung, dotiert von den Samm-
:ungen des Fürsten von Liechtenstein, im Parterre des
Engländerbaues, Vaduz, waren nicht weniger als 414 Ge-
genstände — Helme, Schilder, Teppiche, Fahnen und Waf-
fen — ausgestellt, kombiniert mit einer Sonderschau «Der
goldene Wagen des Fürsten Joseph Wenzel von Liechten-
stein».” Die Eröffnung fand am 30. August 1952 statt.”
Dieser eigentlich ersten Ausstellung mit Exponaten
aus den Sammlungen des Fürsten in Vaduz ausserhalb
des Schlosses folgte 1955 im zweiten Obergeschoss
des Engländerbaues die sensationelle Präsentation von
Gemälden aus den fürstlichen Depots «Rubens und sein
Kreis. Flämische Malerei aus dem 16. und 17. Jahrhun-
dert» — vermutlich beflügelt durch die Erfolge anlässlich
der Ausstellung «Meisterwerke aus den Sammlungen
des Fürsten von Liechtenstein» im Kunstmuseum Luzern
m Jahre 1948.? Im provisorisch eingerichteten Saal
hingen 65 Spitzenwerke von Rubens, van Dyck, Frans
Hals und anderen mehr.” Die sehr beliebte Ausstellung
war während 16 Jahren zugänglich. Sie wurde 1970 von
der Ausstellung «Holländische Maler des 17. Jahrhun-
derts» abgelöst. Trotz der Qualität der Exponate fand
diese Veranstaltung nicht die verdiente Beachtung.
Ende 1973 kehrten die Bilder in die Depots des Schlosses
Vaduz zurück.” Damit ist das kulturelle Umfeld, in wel-
ches die Liechtensteinische Staatliche Kunstsammlung
ei der Gründung im Jahre 1968 hineingestellt wurde, in
Umrissen skizziert.
Gründung der Liechtensteinischen Staatlichen
Kunstsammlung
Die gerafften Anmerkungen zum kulturellen Umfeld in
den Sechziger- und Siebzigerjahren verdeutlichen, dass
auf dem Gebiet der bildenden Kunst und im Museums-
Bundeskanzler Bruno Kreisky und Georg Malin am 8. Januar 1975 beim Besuch der
Ausstellung «Italienische Kunst des 14. bis 16. Jahrhunderts aus den Sammlungen des
rürsten von Liechtenstein»
wesen nur in Ansätzen ein geordneter und geregelter Kul-
urbetrieb vorhanden war. Trotz des beachtlichen Poten-
jals an Ausstellungsgut in den neu in Vaduz untergebrach-
‚en Sammlungen des Fürsten von Liechtenstein konnten
nur Partikel der Bestände der Öffentlichkeit vorgestellt
werden — und auch das nur dank der Grosszügigkeit des
Fürsten Franz Josef II. (1906-1989) als Leihgeber sowie
der Initiative von Privaten. Die Kunst der Moderne be-
sass keine Chance, sich im Kleinstaat Liechtenstein vor-
zustellen. Und was den Einsatz geistiger und kultureller
Güter im Blick auf die Imagepflege des Staates betrifft
ınd was dessen Identität tangiert, so erkannte man immer
nehr die faszinierenden Möglichkeiten, welche für die
Öffentlichkeit in diesem Sektor bereitstehen. Dass einem
waffenlosen Kleinstaat die Vorliebe für Kunst und Kultur
jesonders gut ansteht, wurde auch manchem Politiker
gewusst. Leuten, die gerne wirtschaftlich denken, wurde
zusehends klar, dass mit Kulturpolitik der Tourismus ge-
Ördert werden könnte. Die Voraussetzungen zur Schaf-