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Lächeln begrüßt werden, müssen sie
sich doch in Geduld üben, wenn die
Bauern ihre Kühe mitten durch die
Straßen der Dörfer treiben ohne jede
Hast, den Automobilisten Platz zu
machen. Im ganzen Land klingen
Kuhglocken!
Liechtenstein ist kein Walt-Disney-
Land mehr. Liechtenstein ist das höchst
industrialisierte Land der Welt,
wenn man die in der Industrie Be-
schäftigten mit der Bevölkerungszahl
vergleicht. Vor dem Ersten Welt-
krieg waren 800 Personen, heute
4375 Personen in der Industrie be-
schäftigt. 65°/ der Industrie ist
metallverarbeitend. In Liechtenstein
haben folgende große Fabriken ihren
Sitz:
„Hoval“ produziert Zentralhei-
zungen. Diese bekannte Heizung
wird in sechs europäischen Län-
dern hergestellt.
- „Balzers AG“ produziert ganz
spezialisierte Geräte, die haupt-
sächlich im Gebiete der Physik zur
Anwendung kommen.
- „Hilti AG“ ist für ihr Befesti-
gungssystem bekannt.
- „Spoerry & Cie.“ ist die älteste
Firma in Liechtenstein. Hier wer-
den Baumwollstoffe verarbeitet.
- In der „Elastin AG“ werden künst-
liche Wursthäute hergestellt.
- Von der „Ivoclar“ werden künst-
liche Zähne in die ganze Welt
exportiert.
- ,Scana AG“ ist eine bekannte
Konservenfabrik.
- ,Contina AG“ fabriziert die
kleinste Rechenmaschine der Welt.
Auf den Hügeln wächst ein spritzi-
ger Rosé-Wein, genannt , Vaduzer“
— jährlich werden davon 20 000 bis
25 000 Liter produziert. Während
der Weinernte Anfang Oktober ge-
hen ganze Familien in die Weinber-
ge und helfen beim Schneiden der
dunkelroten Trauben. Touristen soll-
ten nicht erschrecken, wenn morgens
Schüsse durch die Stille dröhnen,
etwa einen Monat vor der Ernte...
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das Schießen rührt von einigen Leu-
ten her, die mit altertümlichen Vor-
derladern halbstündlich die Vögel
von den fast reifen Trauben ver-
scheuchen sollen. Einer der schönsten
Weingärten, genannt „Wingert“, ge-
hört dem „Roten Haus“ (ein frühe-
res Benediktinerkloster), wo heute
noch in den Kellern Wein in einem
» Torkel“ gepreft wird, einer gewal-
tigen Eiche, die aus dem 14. Jahr-
hundert stammt.
Liechtensteiner, die das 21. Lebens-
jahr vollendet haben, sind berechtigt,
die Mitglieder des ,Landtages“ zu
wählen. Er setzt sich aus 15 Mit-
gliedern zusammen. Wahlen finden
alle vier Jahre statt. Wie in der
Schweiz haben die Frauen kein
Stimmrecht. Es gibt drei Parteien,
aber in diesem sozial wie religiös
ausgeglichenen, katholischen Land
sind ihre Ziele so ähnlich, daß die
Liechtensteiner sagen: „Man muß im
Fürstentum auf die Welt gekommen
sein, um zwischen den Parteien einen
Unterschied zu entdecken.“
Die liechtensteinischen Briefmarken,
von landeseigenen Künstlern ent-
worfen, gehören zu den schönsten
Briefmarken der Welt — jährlich
werden drei Sätze herausgegeben.
Die Briefmarken sowie die Holding-
Gesellschaften, die in Vaduz ihren
Sitz haben, bringen dem Staat bei-
nahe die Hälfte des Budgets. Die
Gesellschaftssteuer ist die niedrigste
in Europa. Die Einkommenssteuer
beträgt zwischen 4 und 12°/ und
die Vermôgenssteuer zwischen 2 und
6 %o.
Es gibt hier keine Gewerkschaften
und demzufolge keine Streiks. Die
Liechtensteiner haben ihren eigenen
Paf.
Der größte Teil der Staatseinnah-
men wird für die Aufgaben der Lan-
deswohlfahrt, für Schulen und Stra-
ßenbau verwendet. Die Landstraßen
sind sehr gepflegt und das „höchst-
gelegene Dorf“ Malbun — 1600 m,
ein neuer Wintersportplatz mit 4
Skiliften — kann mit dem Auto
leicht erreicht werden. Die Haupt-
durchgangsstraße des Landes hält
jeden Vergleich mit den ausländi-
schen Autostraßen aus.
Der regierende Fürst besitzt die
größte Privatkunstsammlung der
Welt, die Gemälde waren früher im
Liechtenstein-Palais in Wien. Es gibt
hier Meisterwerke von Rafael, Ru-
bens, Rembrandt, van Dyck, Frans
Hals, Botticelli, Ruysdael, Memling
usw. Außerdem gibt es herrliche
Gobelins, und in einer großartigen
Waffensammlung findet man Rari-
täten von Schwertern und Piken, so-
wie Mörsern mit fein ziselierten,
handgearbeiteten Elfenbeingriffen
und verzierte Pistolen. In Vaduz
zeigt die Kunstausstellung einige die-
ser unschätzbaren Werte. Auch gibt es
ein Historisches Museum (mit Fun-
den aus dem Neolithikum, aus der
Bronce-, Eisen- und der römischen
Zeit). Ebenso sehenswert ist das
Briefmarkenmuseum.
Unter den anderen Attraktionen sind
noch zu nennen: Mini-Golf, Tennis-
plätze, ein modernes Schwimmbad
und eine Reit-Schule.