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und Glauben ist als Oberbegriff und gemeinsames Merkmal jeglichen unlauteren
Wettbewerbs zu verstehen. !??
Der Verstoss gegen Treu und Glauben drückt sich in einem Verhalten oder
Geschäftsgebaren aus, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen
Anbietern und Abnehmern beeinflusst. Die Ausdrücke "Verhalten" und "Geschäfts-
gebaren" ersetzen die "Mittel" der geltenden Generalklausel, deren Erwähnung
tendenziell einschränkend wirkt. Durch die neuen Begriffe wird eine gewisse
Verallgemeinerung erreicht, da auch das Verhalten desjenigen erfasst wird, der mit oder
ohne spezielle Mittel - vielleicht durch blosse Unterlassung - unlauter in den Wettbewerb
eingreift und diesen dadurch verfälscht. Mit dem weiteren Begriff des Verhaltens, der im
Zusammenhang mit der Beeinflussung der Wettbewerbsbeziehungen zu verstehen ist,
werden aber auch wettbewerbsrelevante Handlungen Dritter eingefangen, die nicht
unmittelbar - als Wettbewerber oder Kunden - in das Spiel der Konkurrenz eingreifen.
Der Kreis möglicher Urheber von wettbewerbsrelevanten Handlungen wird damit
ausgedehnt. Es ist durchaus denkbar, dass auch Konsumentenorganisationen durch die
Veröffentlichung von Warentests den Wettbewerb unlauter beeinflussen.!?° Für die
Anwendung des UWG ist somit kein Wettbewerbsverhältnis erforderlich.
Das gegen Treu und Glauben verstossende Verhalten und Geschäftsgebaren muss
geeignet sein, das Verhältnis zwischen Mitbewerbern unter sich oder dasjenige zwischen
Anbietern und Abnehmern zu beeinflussen (vgl. Art 2). Damit sind die massgeblichen
Wettbewerbsbeziehungen umschrieben. !?'
Klagen von Kunden und Organisationen
Art 10 Abs 1 sieht die Konsumentenindividualklage des Art 2 Abs 2 aUWG vor. Neu an
dieser Bestimmung ist, dass die Klageberechtigung der einzelnen Kunden bereits bei
Gefährdung gegeben ist. Die Ausweitung der Klageberechtigung könnte für den
einzelnen Konsumenten vor allem in jenen Fällen nützlich sein, in denen er nicht imstande
ist, nachzuweisen, dass er einen effektiven und relevanten Schaden erlitten hat.!*?
Art 10 Abs 2 ordnet das Klagerecht der Berufs- und Wirtschaftsverbände (lit a) und der
Konsumentenorganisationen (lit b) neu. Wie nach bisherigem Recht (Art 2 Abs 3 aUWG)
stehen ihnen - wie auch den Konsumenten - Unterlassungs-, Beseitigungs- und
Feststellungsklage sowie die Ansprüche auf Berichtigung und Urteilsveröffentlichung zu.
Damit hat der Gesetzgeber für die Personen oder Organisationen, die ein berechtigtes
Interesse an der Verhinderung irreführender Werbung haben, geeignete und wirksame
Möglichkeiten geschaffen, wie Art 4 Abs 1 RL es vorsieht.
Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche sowie die Klage auf Herausgabe eines
Gewinns bleiben den genannten Verbänden und Organisationen weiterhin verschlossen,
da der Verbandsklage eine stellvertretende Funktion zukommt. !3 Auf diese Ansprüche
kann der Konsument entsprechend den Bestimmungen des ABGB klagen (Art 10 Abs 1
iVm Art 9 Abs 3). Bezüglich der Herausgabe des Gewinns verweist das schweizerische
UWG in Art 9 Abs 3 auf die Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag.
Das Klagerecht der Konsumentenorganisationen ist neu direkt, das heisst unabhängig
von demjenigen ihrer Mitglieder, ausgestaltet. Ebenso ist die Klageberechtigung sowohl
bei Schädigungs- wie auch bei Gefährdungsfällen gegeben. !+
129 Dessemontet, 130.
130 Dessemontet, 130.
131 Dessemontet, 131 und 132.
132 Dessemontet, 542.
133 Dessemontet, 543.
134 Dessemontet. 544.