meiner werden. Trotzdem man die Wünsche der liechtensteinischen
Bevölkerung immer wieder formuliert, aber ohne wirklichen Erfolg bei
den zuständigen Stellen vorgetragen hatte, bestand zum Jahresbeginn
1848 keine deutlich erkennbare revolutionäre Stimmung. Der Landvogt
war zudem gehalten, jeden Grund zur Unzufriedenheit aus der Welt zu
schaffen, allerdings auch, alle «Ruhestórungen» zu unterdrücken.”
Nach Mitte Marz 1848 jedoch — im Februar war die Revolution in Frank-
reich losgebrochen, am 13. März erreichte sie Wien und am 18. März
begannen die Barrikadenkämpfe in Berlin — regte sich auch in Liechten-
stein der Drang nach Veränderung. In Balzers, «wo die Hefe des Pöbels das
Banner führte»,?5 riefen junge Leute nach Freiheit und Gleichheit. In
Vaduz und Mauren herrschte Bewegung. Im Gefolge dieser unruhigen
Stimmungen beschlossen mehrere Gemeinden die Wahl von Ausschüs-
sen zur Formulierung ihrer Forderungen.“ Am 21. März 1848 ging von
Balzers aus die Bitte an Peter Kaiser nach Chur, bei diesem Vorhaben mit-
zuwirken. Dieser, für den Landvogt Menzinger nichts weniger als ein
«Vorwisser und Urheber», wollte sich der gestellten Aufgabe nicht entzie-
hen, sofern die Ordnung aufrecht erhalten werde und keine Ausschreitun-
gen angezettelt würden. Peter Kaiser, ein rechtlich denkender Mensch
und ein vermittelnder Charakter, hat in der Folge einen beruhigenden
Einfluss ausgeübt und die vielen Wünsche und Begehren zielgerichtet
kanalisiert.
Die gewählten Ausschüsse der Gemeinden, insgesamt über 110 Personen,
traten am 22. März in Schaan zusammen und bestellten den engeren Lan-
desausschuss. Delegiert wurden schliesslich die Ärzte Karl Schädler und
Josef Johann Ludwig Grass sowie Peter Kaiser, der das Präsidium inne-
hatte.?® Die gewählten Ausschüsse unterzeichneten eine von Peter Kaiser
397. GEIGER: Geschichte Liechtensteins
1848—1866, S. 58.
398. Karl Schädler (1804—1872) und Josef
Johann Ludwig Grass (1789—1860). — GEIGER:
Geschichte Liechtensteins 1848—1866, S. 59,
Anm. 26—27. — Erinnerung an Peter Kaiser und
Karl Schädler, Biogramme S. 40 f. (von
P. VOGT). — RHEINBERGER: Liechtensteiner
Ärzte, S. 45—78, 79—98. — GEIGER: Politisches
Wirken P. Kaisers, S. 32 ff.
Präsident
der Ausschüsse
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