Der Staat ordnet die Beziehungen zwischen den Gruppen
Einzelwohl oder Gesamtwohl?
Der Staat, bestehend aus Einzelwesen
und Gruppen, sieht als seine vornehm-
ste Aufgabe die Pflege des Volkswohls.
So heisst es in Artikel 14 der liechten-
steinischen Verfassung von 1921:
«Die oberste Aufgabe des Staates ist
die Fórderung der Volkswohlfahrt.
In diesem Sinne sorgt der Staat für die
Schaffung und Wahrung des Rechtes
und für den Schutz der religiósen, sitt-
lichen und wirtschaftlichen Interessen
des Volkes.»
Diese Umschreibung der Staatsaufga-
ben gilt nicht nur für das Fürstentum
Liechtenstein, sondern für jeden Rechts-
staat, sei er nun Monarchie oder
Republik.
Eines ist jedoch sicher: Die genannten
Aufgaben zu erfüllen ist nicht leicht;
denn die genannten «Interessen des
Volkes» sind mannigfaltig: So muss der
Staat die Rechte im Interesse des
einzelnen und der Familie genauso
vertreten wie diejenigen von Schüler-
oder Berufsgruppen; Vereine er-
warten die gleiche Existenzberechtigung
wie politische Parteien. Schliesslich
sind auch die Gemeinden in dieses
Zusammen- und Wechselspiel der ver-
schiedenen Gruppen und Gruppierungen
eingebunden.
Um die Beziehungen innerhalb der
Gruppe zu ordnen, stehen dem Staat
verschiedene Mittel zur Verfügung:
Die Verfassung regelt das Leben im
Staat grundsätzlich. In ihr sind u.a.
die Befugnisse und Aufgaben von Volk,
Volksvertretung und Regierung ent-
halten.
Um die Rechte und Pflichten der einzel-
nen Gruppen genauer festzulegen, kann
der Staat Gesetze und Verordnungen
erlassen, die das Zusammenleben der
vielen Einzelgruppen mit ihren unter-
schiedlichen Interessen gewährleisten.
Als Gegenleistung muss sich der ein-
zelne aber auch gewissen Pflichten un-
terziehen, indem er — je nach Neigungen
und Fáhigkeiten — etwas zur Gemein-
schaft beiträgt. Dies kann in aktiver
Vereins- oder Jugendarbeit geschehen.
Eine besondere Art der politischen
Arbeit im Dienste der Öffentlichkeit be-
steht darin, dass sich jemand für ein
politisches Amt zur Verfügung stellt.
Einen entscheidenden Beitrag kann der
Staatsbürger leisten, wenn er sich aktiv
an politischen Entscheidungsprozessen
beteiligt, d.h. wenn er sein Wahl- und
Stimmrecht zum Wohl der Gemein-
schaft ausübt.
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