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Die Parteien
Die Bedeutung der Parteien in
einer Demokratie
Der Bürger ist als einzelner im Staat
ohne grosse politische Bedeutung. Er
kann aber zu einem Machtfaktor werden,
wenn er sich mit anderen, am besten
mit Gleichgesinnten, zu einer Gruppe
zusammenschliesst. Eine solche Wähler-
gruppe oder Partei ist eine freiwillige
Vereinigung von Bürgern, die sich
aufgrund gemeinsamer politischer
Anschauungen und Interessen zusam-
mengefunden haben.
Eine Partei verfolgt dabei das Ziel, mit
der Gunst der Wähler möglichst viel
Macht im Staat zu erringen, um die eige-
nen politischen Vorstellungen in die Tat
umsetzen zu kónnen. Jede Partei ist auf
die Dauer mit der Rolle als Oppositions-
partei nicht zufrieden, sondern sie
drángt darauf, Regierungspartei oder
Partei in einer Koalitionsregierung zu
werden; dadurch wird ihr Gelegenheit
geboten, die gesamte Politik massgeb-
lich mitzubestimmen.
Die politischen Parteien und Interessens-
gruppen nehmen grossen Anteil an der
Bildung des politischen Willens im Volk;
sie beteiligen sich an den Wahlen
dadurch, dass sie einerseits aus ihren
Reihen Kandidaten aufstellen und dem
Bürger zur Wahl empfehlen. Anderer-
seits kónnten ohne das persónliche
Engagement sowohl der Kandidaten als
auch der Parteimitglieder demokratische
Wahlen heutzutage nicht durchgeführt
Unser Staat - das Fürstentum Liechtenstein Wahlsysteme und Parteien
werden. Ebenso ist ein Wahlkampf
im heutigen Stil nur mit dem finanziellen
Einsatz der wahlwerbenden Parteien
und der Kandidaten móglich.
Darüber hinaus sind die Parteien das
Verbindungsglied zwischen dem einzel-
nen und dem Staat, so dass auch
zwischen den Wahlen der Wille des
Bürgers in die Politik einfliessen kann.
In einer Demokratie kommt den politi-
schen Parteien die Aufgabe zu, Pro-
gramme für die Führung des Staates aus-
zuarbeiten, politische Führungspersón-
lichkeiten heranzubilden und diese dem
hochsten Souveran, dem Volk, zu pra-
sentieren.
Politische Parteien sind die notwendige
Voraussetzung dafür, dass eine Demo-
kratie funktionieren kann. Wer die
Existenzberechtigung von politischen
Parteien anzweifelt, der stellt auch die
Demokratie, die Herrschaft des Volkes,
in Frage.
Parteien in Liechtenstein
bis 1945
Bis 1918 gab es in Liechtenstein keine
politischen Parteien. Doch schon bei
den Landtagswahlen von 1914 war die
Tendenz für eine künftige Parteienbil-
dung spürbar. Auch endete in diesem
Jahr das Nachrichtenmonopol des Volks-
blattes, da eine zweite Zeitung, die
Oberrheinischen Nachrichten, gegründet