Volltext: Fürst und Volk

BANIILI 
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Die Rechtspflege innerhalb der «Ordentlichen 
Gerichtsbarkeit» 
Das Strafverfahren 
Um den Ablauf eines Strafprozesses zu 
verdeutlichen, sollen vorerst einige 
Grundsätze des Strafprozesses erklärt 
werden. Sie gelten im grossen und gan- 
zen für die Durchführung des gesamten 
Verfahrens bis zur rechtskräftigen Ent- 
scheidung («Urteil»). Eine Entscheidung 
ist dann rechtskräftig, wenn gegen sie 
kein ordentliches Rechtsmittel mehr 
ergriffen werden kann. 
8 Keine Strafe ohne Gesetz 
Diesem Grundsatz entsprechend darf 
eine Tat durch ein Gericht nur bestraft 
werden, wenn diese Tat durch ein Ge- 
setz ausdrücklich mit Strafe bedroht ist. 
Auch darf nach diesem Grundsatz durch 
den Gesetzgeber ein bereits abge- 
schlossenes Handeln nicht im nachhin- 
ain unter Strafe gestellt werden. 
Der einzelne muss sich darauf verlassen 
<önnen, welches Handeln mit Strafe 
bedroht ist, damit er sein Verhalten dem- 
antsprechend ausrichten kann (Rechts- 
sicherheit). 
® Das Anklageprinzip 
Dies bedeutet nichts anderes als der im 
Volksmund bekannte Grundsatz: «Wo 
<ein Kläger, da kein Richter». Mit ande- 
en Worten, das Gericht kann nur jeman- 
den für eine Straftat zur Rechenschaft 
ziehen, wenn der Staatsanwalt oder 
unter Umständen der Geschädigte eine 
Bestrafung beantragt oder verlangt. 
8 Im Zweifelsfalle für den Angeklagten 
(«in dubio pro reo») 
Um den Beschuldigten verurteilen zu 
können, muss das Gericht überzeugt 
sein, dass er etwas getan hat, was das 
Gesetz unter Strafe stellt bzw. mit 
Strafe bedroht. Bestehen beim Gericht 
darüber Zweifel, so muss der Beschul- 
digte freigesprochen werden. Nach die- 
sem Grundsatz muss dem Beschuldig- 
ten die begangene Tat bewiesen werden 
Der Beschuldigte hat nicht seine 
Unschuld zu beweisen. 
® Der Grundsatz der Mündlichkeit 
Der Richter darf im Strafprozess nur 
nach den Tatsachen entscheiden, über 
die in der Verhandlung gesprochen 
wurde. 
® Der Grundsatz der Unmittelbarkeit 
Nach diesem Grundsatz darf nur derje- 
nige Richter über Schuld oder Unschulc 
des Beschuldigten entscheiden, der im 
B3eweisverfahren die Beweise aufge- 
ı10mmen hat, so z.B. die Vernehmung 
des Beschuldigten und von Zeugen. 
Es darf also kein anderer Richter urteilen 
der nicht dem Verfahren beigewohnt hat 
8 Der Grundsatz der Freiheit der 
Beweiswürdigung 
Der Richter muss sich am Ende der Ver. 
handlung darüber klar werden, welche 
Tatsachen bewiesen wurden. Er ist fre' 
ın seiner Entscheidung, ob er den Zeu- 
gen oder dem Beschuldigten mehr 
glaubt. Er hat dies aber in seinem Urteil 
zu bearünden. 
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