Recht und Gesetz
Seit die menschliche Gesellschaft be-
steht, gibt es Vorschriften und Ge-
setze. So entstand im 13. Jahrhundert
vor Christus die Gesetzessammlung
des Jüdischen Richters und Propheten
Moses, allgemein bekannt unter der
Bezeichnung «Die 10 Gebote».
Aus noch früherer Zeit datieren die Rich-
tersprüche des Hammurabi: Um 1700
v. Chr. liess der babylonische Herrscher
eine Stele mit über 200 Gesetzen errich-
ten, damit sich die Bürger über ihre
Rechte informieren konnten.
Ein anderes Gesetzeswerk, das wahr-
scheinlich 451 v. Chr. zum erstenmal ver-
ôffentlicht worden ist und in seiner Wir-
kung bis in die heutige Zeit hereinreicht,
ist das Zwólftafelgesetz, «die Quelle des
gesamten Rómischen Rechts», wie es
Livius bezeichnete.
Durch Erweiterungen und Abánderun-
gen entstand daraus im Laufe der Jahr-
hunderte eine Gesetzessammlung mit
zum Teil noch immer gültigem Inhalt.
Darin finden sich zum Beispiel Antwor-
ten auf folgende Fragen: Mit welchem
Alter wird jemand handlungsfáhig? Wel-
che Rechte und Pflichten ergeben sich
bei Vertragsabschlüssen? Wie wird das
Vermógen eines Verstorbenen verteilt?
Aber auch verschiedene noch heute
aktuelle Rechtsgrundsátze, die in lateini-
scher Sprache umschrieben werden,
weisen auf die zeitlose Bedeutung des
«Rómischen Rechts» hin: «In dubio pro
reo» (im Zweifelsfalle für den Angeklag-
ten) - «Nulla poena sine culpa» (keine
Strafe ohne Schuld). - «Nullum crimen
sine lege» (keine Straftat ohne Gesetz).
Uberall dort, wo Menschen zusammen-
leben, muss dieses Zusammenleben
durch Regeln und Absprachen geordnet
werden. Das gilt bereits in der Familie.
Dort finden sich zwar kaum festge-
schriebene Vorschriften oder Verbote;
aber jedes Familienmitglied weiss
aufgrund von «ungeschriebenen Geset-
zen», wo die persónlichen Grenzen
verlaufen und was vom einzelnen im
Familienverband erwartet wird.
Ahnliches gilt für gróssere Gemeinschaf-
ten: Schulen haben ihre Schulordnun-
gen, Vereine ihre Statuten - die Gemein-
schaft verlangt und erstellt Vorschriften
und Regeln. Werden diese nicht einge-
halten, entstehen Konflikte.
Versucht man jedoch, Konflikte mit
Gewalt zu lósen (Faustrecht, Recht des
Stárkeren), entstehen neue Probleme.
Ausserdem geht dabei der Grundsatz
der Rechtsgleichheit verloren. Sie aber
ist wesentlich in einem Rechtsstaat,
weil sie dem Bürger sagt, was Recht
und was Unrecht ist und welche Folgen
sein Handeln hat. Deshalb ist es wich-
tig, dass jeder einzelne weiss, wie weit
seine persónlichen Rechte gehen und
wo das Einzelwohl dem Allgemeinwohl
Platz machen muss.
Hier setzt die Rechtspflege ein. Sie
sorgt im Staat mit Hilfe verbindlicher
Gesetze für ein móglichst konfliktfreies
Zusammenleben innerhalb der Gemein-
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