Die Gewaltenteilung
Gewaltenteilung — Merkmal einer
Demokratie
Wenn in einem Staat Recht und Ordnung
gemäss der Verfassung Bestand haben
sollen, so müssen Möglichkeiten ge-
schaffen werden, die Macht im Staate in
Grenzen zu halten und zu kontrollieren.
Denn die Freiheit des Volkes, d.h. die
Freiheit jedes einzelnen, kann nur dann
bewahrt werden, wenn der Missbrauch
der Macht ausgeschlossen bleibt.
Dabei ist die Gewaltenteilung, die auch
den Schöpfern unserer Verfassung als
Vorbild gedient hat, ein wirksames
Mittel, um die staatliche Macht einzu-
schränken. Darin unterscheidet sich im
wesentlichen ein demokratischer
Rechtsstaat von einer totalitären Herr-
schaft.
Bereits im 18. Jahrhundert vertrat
Charles de Montesquieu — ein Untertan
des Sonnenkônigs Ludwig XIV. — die da-
mals revolutionäre Ansicht, dass die
Freiheit eines Volkes nur aufrechterhal-
ten werden kônne, wenn jeglicher
Machtmissbrauch im Staat verhindert
werde. Deshalb forderte Montesquieu
die Aufteilung der Staatsgewalt in exeku-
tive, legislative und judikative Gewalt
und deren gegenseitige Kontrolle.
Diese Trennung der Gewalten darf aller-
dings den Staat nicht «auseinander-
reissen», so dass er nicht mehr funktio-
nieren kann, sondern die drei Gewalten
müssen nach der Idee von Montesquieu
in gewisser Weise auch zusammen-
Unser Staat - Das Furstentum Liechtenstein Die Staatsform
«Damit die Gewalt nicht missbraucht wer-
den kann, müssen die Dinge so geordnet
sein, dass eine Gewalt die andere im
Zaume halt . . . Wenn die gesetzgebende
Gewalt mit der ausführenden Gewalt in
derselben Person oder derselben Amtskór-
perschaft vereint ist, gibt es keine Freiheit,
weil zu befürchten ist, dass der Monarch
oder der Senat tyrannische Gesetze ma-
chen, um sie dann tyrannisch auszuführen.
Es gibt keine Freiheit, wenn die richterliche
Gewalt nicht von der gesetzgebenden und
der ausführenden Gewalt getrennt ist.
Wenn sie mit der gesetzgebenden Gewalt
verbunden wäre, dann wäre die Macht über
das Leben und die Freiheit der Bürger will-
kürlich; denn der Richter wäre Gesetzge-
ber. Wenn sie mit der ausführenden Gewalt
verbunden wäre, dann könnte der Richter
die Macht eines Unterdrückers innehaben.
Alles wäre verloren, wenn derselbe Mensch
oder dieselbe Körperschaft . . . diese drei
Gewalten ausüben würde.»
Ch. de Montesquieu, De L'Esprit des Lois, 1748
wirken: Legislative, Exekutive und
Judikative sind formell vonein-
ander getrennt, trotzdem hängen sie
dadurch zusammen, dass eine die
andere hemmen kann.
Das notwendige Zusammenwirken der
Gewalten soll einerseits den möglichen
Missbrauch einer Staatsgewalt verhin-
dern, andererseits aber zu einem Mitein-
ander der Staatsgewalten führen. Diese
Lehre von Montesquieu hat einen direk-
ten Einfluss auf die Verfassung der