«Balzner» ist der Föhn. Er wirkt mehr oder weniger
segensreich in Rebbergen, Maisfeldern und mensch-
lichen Köpfen. Die kräftigen Windstösse vermögen
die Köpfe der Einwohner auszulüften und deren
Gehirntätigkeit anzuregen. Die gesunde Gegen-
reaktion liegt nahe: Die Balzner verhärten ihre
Köpfe und zementieren ihre Ansichten. Auf dass
hnen der Föhn nicht ihr geistiges Hab und Gut
raube. Um damit die nordwärts liegenden Dörfer
zu beglücken. Was man hat, das hat man. Eine
Balzner Definition für Tradition und Fortschritt. Und
zuweilen etwas Neues,
SECHSTENS
Elektrifizierung und Industrialisierung erfolgten re-
lativ spät. Das «Zeitalter der Wohnblöcke» begann
arst vor wenigen Jahren. Das Althergebrachte
wurde immer als hoher Wert angesehen. Reformen
fielen in Balzers vielfach auf jenen steinigen Boden,
der sie nur langsam Fuss fassen liess. Des Balzners
Sinn für Gemeindehoheit, Gemeindebesitz und dar-
aus folgende «Alleingänge» haben zuweilen für die
in Vaduz residierenden Landvögte, Landesverweser
Jnd Regierungschefs das erträgliche Mass über-
Schritten. Ist der Balzner nur dem Alten verhaftet
und misstrauisch gegenüber allem Neuen?
Aus Balzers kamen bedeutende Männer, die eine
wichtige Rolle in der Politik und Öffentlichkeit
Liechtensteins spielten. Das Dorf hat in den letzten
Jahrzehnten durch private und Öffentliche Initia-
tiven einen grossen wirtschaftlichen Aufschwung
genommen. Es besitzt heute einige beispielhafte
öffentliche Einrichtungen. Ist der Balzner gar ein
verkappter «Progressiver»? Das Wort passt nicht.
Und: Bei allem möglichen Fortschrittsdenken hat
ar sich aus den Zeiten des «Dorfes an der Heer-
Strasse» seine Skepsis vor radikalen Neuerungen
arhalten. Schon damals war nicht alles Gold, was
fremdartig glänzte, und nicht alles war gut, was
mit vielen Worten präsentiert wurde.
SIEBTENS
Jer Balzner macht nicht viele Worte. (Ausnahmen
bestätigen die Regel.) Vielleicht spricht er dazu
auch zu langsam. Er versteht es jedoch, Feste zu
feiern. Man lebt noch in einer Dorfgemeinschaft.
Hier ist allerdings eine kleine Einschränkung an-
gebracht: Bisher wurde nur von «Balznern» gespro-
Shen. Dabei gibt es «Balzner» und «Mälsner». Was
ein erheblicher Unterschied sein soll. Ob das
Schloss Gutenberg (über das man gerne mit vielen
«Wenn» und «Aber» spricht) zum Dorfteil Mäls oder
zum Dorfteil Balzers gehört? Da mögen andere ent-
scheiden.
ACHTENS
Balzers blickt stolz auf eine reiche historische Ver-
gangenheit zurück. Man kommt an ihr nicht vorbei.
Gutenberg, Flurnamen;, Kirchen. Balzers hat seine
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