65
cb) Bei M 11 (vgl. Tabellen 1,6 und II,1, Anhang S. 110 und S. 115) ist der geringste
Anteil Neuerungen aller acht variablen Merkmale feststellbar. Wie in Kapitel
IV,1.2. (S. 49) bereits angedeutet, vermute ich einen besonderen Einfluss der
schriftlichen Vorlage beim Wort "sie", wenn es an exponierter Stelle (am
Satzanfag) steht. Bei 13 jungen, ebensovielen mittleren und sechs älteren
Informanten sind alle sch-Laute basismundartlich realisiert worden. Die anderen
haben meist nur vereinzelt ein nicht-walserisches [s] gebraucht.
Die statistische Auswertung vermag also die Hypothese, wonach der Anteil an
sprachlichen Neuerungen zunimmt, je jünger die Sprecher werden für sechs von acht
variable Merkmale zu stützen. Zusätzlich liefert sie den Hinweis, dass bei acht
variablen Merkmalen sechsmal signifikante Unterschiede zwischen den Altersgruppen
A I und A III bestehen, während A II nur zweimal signifikant von A III abweicht. Bei
vier Merkmalen besteht auch signifikanter Unterschied zwischen A I und A II.
Daraus darf gefolgert werden, dass sich vor allem bei den jungen Sprechern der
Triesenberger Mundart "etwas tut".
Die mittlere Generation zeigt zwar meist auch mehr Neuerungsanteile als die Alten,
diese sind aber nur bei den linguistisch zusammenhängenden Merkmalen M 7 und M 14
(Umlaut und Flexion beim Adjektiv) statistisch signifikant. Gerade die beiden Adjektiv-
Merkmale dürfen neben dem sch-Laut (M 11) als sehr typisch für die Triesenberger
Mundart angesehen werden, so dass der allmähliche Verlust des Umlauts und der
Flexionsendung als die auffälligsten Wandelvorgänge betrachtet werden können. Die
hohen Prozentwerte bei den beiden jüngeren Generationen belegen, dass es wohl nicht
mehr allzulange dauern wird, bis diese Merkmale aus der gesprochenen Mundart von
Triesenberg verschwinden.
Ganz ausgeprägt erweisen sich die Jungen auch als Träger des Wandels bei den
Merkmalen M 10 und M 15 und eventuell noch beim Merkmal M 5.
Während die älteren Sprecher (A II und A III) germanisch <k> im Anlaut (M 10) noch
mehrheitlich zu [x] verschieben, scheint sich bei den Jungen die im Tal übliche Aspirata