Monarchischer Konstitutionalismus
wird ($ 34 KV), nicht jedoch in Administrativ- und Finanzangelegenhei-
ten.22 Bei den Strafsachen übt der Landesfürst allein das Gnadenrecht
(«Gnadensachen und Strafnachlässe») aus. Es gehört zu jenen Gegen-
ständen, die allein von der Entschliessung des Landesfürsten abhängen?
und in den Verfassungen recht unterschiedlich geregelt sind.?*
$10 DER LANDTAG ALS VOLKS- UND «LANDES-
VERTRETUNG»255
I. Allgemeines
1. Vertretungsfunktion
Der Landtag ist das gesetzmässige Organ der Gesamtheit der Landesan-
gehörigen und als solches berufen, deren Rechte gegenüber dem Lan-
desfürsten bzw. seiner Regierung geltend zu machen ($ 39 KV). Er hat
die Rechte des Volkes gegenüber der monarchischen Regierung zu wah-
ren. Ohne seine Mitwirkung und Zustimmung darf kein Gesetz gege-
ben, aufgehoben, abgeändert oder authentisch erklärt werden ($ 24 KV).
Die Tätigkeit des Landtages ist denn auch «echte Teilhabe an der Aus-
übung der Staatsgewalt»,? obgleich er gemäss $ 2 der Konstitutionellen
252 Siehe $ 91 Amtsinstruktion von 1862, wonach die fürstliche Hofkanzlei in Wien Re-
cursinstanz über Entscheidungen der Landesregierung in Administrativ- und Fi-
nanzangelegenheiten ist. Sie ist aber auch zugleich Appellationsgericht über die ge-
richtlichen Urteile und Bescheide des Landgerichts. Dagegen bildet nach $ 92 das
Oberlandesgericht zu Innsbruck den obersten Gerichtshof. Vgl. auch Ziffer 3 und 4
der Verordnung betr. Organisation der obersten Verwaltungsbehörde und der Ge-
richte vom 26. September 1862 (im Internet abrufbar unter: <www.e-archiv.li>). Die
Trennung von Justiz und Verwaltung erfolgte erst in $ 34 Amtsinstruktion von
1871.
253 Siehe $ 93 Ziffer 6 Amtsinstruktion von 1862.
254 Volker Haas, Strafbegriff, Staatsverständnis und Prozessstruktur, S. 67 f.
255 Im IV. Hauptstück der Konstitutionellen Verfassung und im Begleitschreiben des
Fürsten vom 26. September 1862 wie auch in $ 95 Abs. 2 Amtsinstruktion von 1862
ist die Rede von der «Landesvertretung».
256 In Anlehnung an Stefan Korioth, «Monarchisches Prinzip», S. 51, der in diesem
Sinne die Tätigkeit der Stände in den süddeutschen Verfassungen charakterisiert.
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