Der Landesfürst als Staatsoberhaupt
ihn. Aus dieser Kompetenzpräsumption folgt, dass ihm alle diejenigen
Befugnisse zustehen, welche ihm nicht ausdrücklich verweigert worden
sind. Der Landtag ist dagegen auf die ihm in der Verfassung zugewiese-
nen Zuständigkeiten beschränkt.25
Die verfassungsrechtliche Prämisse jeder konstitutionellen Monar-
chie ist, dass der Fürst für sein Handeln weder juristisch noch politisch
zur Verantwortung gezogen werden kann. Seine Regierungsakte unter-
liegen keiner Kontrolle. Er kann für sie nicht zur Rechenschaft gezogen
werden, denn seine Person ist heilig und unverletzlich ($ 2 Satz 2 KV).226
Daher bedürfen seine Anordnungen bzw. Erlasse («Gesetze und Ver-
ordnungen»)?? zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung eines «im Lande
anwesenden»?8 und «vom Fürsten bestimmten verantwortlichen Beam-
ten»? der ihn von der Verantwortung entbindet und sie selbst über-
nimmt.2% Dies ist in der Regel der Landesverweser, der «Chef der Regie-
rung» ist. Er wird in Ziffer 3 und 4 der Amtsinstruktion von 1871 als sol-
cher auch ausdrücklich genannt.23!
II. Kompetenzbereiche
Der Landesfürst ist mit den für das Staatswesen massgeblichen Kompe-
tenzen ausgestattet. Sie umfassen zentrale Bereiche eigener Entschei-
dungsgewalt und werden demgemäss auch «existenzielle Vorbehalte»
225 Vgl. Dietrich Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 88.
226 Vgl. Klaus Kröger, Verfassungsgeschichte, S. 38; Dietrich Jesch, Gesetz und Verwal-
tung, S. 92; Dieter Grimm, Deutsche Verfassungsgeschichte, S. 118.
227 Siehe $ 29 KV 1862.
228 Siehe $ 29 KV 1862.
229 $94 Abs. 2 Amtsinstruktion von 1862. Sie ist als Anhang zur Organisationsverord-
nung ergangen, die zusammen mit der Konstitutionellen Verfassung vom 26. Sep-
tember 1862 erlassen worden ist (im Internet abrufbar unter: <www.e-archiv.li>).
230 Rainer Wahl, Die Entwicklung des deutschen Verfassungsstaates, S. 83.
231 LGBl. 1871 Nr. 1, Ziffer 3 (im Internet abrufbar unter: <www.e-archiv.li>). Dort
heisst es: Der Landesverweser «besorgt die Geschäfte, welche ihm unmittelbar vom
Fürsten übertragen werden, namentlich die Gegenzeichnung der vom Fürsten oder
einer Regentschaft «ausgehenden Gesetze, Verordnungen und Erlässe [...]». Siehe
auch Ziffer 4.
87