Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Staatsgerichtshof und EFTA-Gerichtshof 
keit, sodass es gleich zu verfahren hat wie bei einer Verfassungswidrig- 
keit des entsprechenden innerstaatlichen Rechts. Demzufolge besteht 
eine Antragspflicht.7 Das Vorlageverfahren an den EFTA-Gerichtshof 
ersetzt dem Gericht nicht das innerstaatliche Normenkontrollverfahren, 
das es einzuhalten hat. 
Der Staatsgerichtshof wird, da er sich an die Entscheidung des 
EFTA-Gerichtshofs hält, dem Antrag stattgeben und die vom EFTA- 
Gerichtshof als EWR-widrig erkannte Norm aufheben bzw. wegen Ver- 
fassungswidrigkeit aus dem Rechtsbestand ausscheiden. Es ist nicht ein- 
zusehen, aus welchem Grund ein solches innerstaatliches Normenkon- 
trollverfahren die Vorrangwirkung des EWR-Rechts missachtet,*® wenn 
das Gericht einen Normenkontrollantrag, dem ein Gutachten des 
EFTA-Gerichtshofs zugrunde liegt, dem Staatsgerichtshof unterbrei- 
tet.569 Es steht einem solchen Verfahren auch nicht im Wege, wenn der 
Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften den Vorrang als Anwen- 
dungsvorrang präzisiert,”° der eine innerstaatliche Regelung, die dem 
EWR-Recht widerspricht, nicht ausser Kraft setzt, sondern nur unan- 
wendbar macht.”! Solange der Vorrang des EWR-Rechts bzw. die 
  
567 Vgl. Art. 18 Abs. 1 Bst. b SSGHG und dazu Tobias Michael Wille, Verfassungspro- 
zessrecht, S. 172; zur Verordnungsprüfung siehe Art. 20 Abs. 1 Bst. a SSGHG. 
568 So Peter Bussjäger, Rechtsfragen, S. 145, der aus der Rechtsnatur des EWR-Rechts 
mit seiner Vorrangwirkung folgert, dass in diesem System kein Platz für einen Nor- 
menkontrollantrag an den Staatsgerichtshof ist. 
569 Siehe auch StGH 2006/94, Urteil vom 30. Juni 2008, Erw. 3 (im Internet abrufbar 
unter: <www.gerichtsentscheide.li>), das unter Bezugnahme auf Herbert Wille, Das 
Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, S. 132 der Auffassung wider- 
spricht, dass es gar nicht zulässig sei, EWR-rechtswidrige innerstaatliche Normen 
überhaupt formell aufzuheben. Es sei nicht ersichtlich, führt der Staatsgerichtshof 
aus, «inwieweit dadurch gegen EWR-Recht verstossen werden soll, dass EWR- 
rechtswidrige Normen auch formell aus dem innerstaatlichen Rechtsbestand ausge- 
schieden werden — auch wenn dies zur Durchsetzung des Vorrangs des EWR- 
Rechts nicht zwingend erforderlich ist». 
570 Vgl. Theo Öhlinger, Rechtsquellen, S. 151. 
571 So erklärt es denn auch der Staatsgerichtshof in StGH 2013/196, Urteil vom 
27. Oktober 2014, nicht veröffentlicht, S. 17 Erw. 2.4.2 zur Pflicht des Gesetzgebers, 
EWR-widriges innerstaatliches Recht an vorrangiges EWR-Recht anzupassen. Er 
hält dazu fest, dass aufgrund der EWR-rechtlichen Vorgaben eine Anpassung der 
liechtensteinischen Rechtsordnung an vorrangiges EWR-Recht überall dort zu 
geschehen hat, «wo unmittelbar anwendbares EWR-Recht nationales Recht dero- 
giert und erst die formelle Revision vertragswidriger nationaler Normen die erfor- 
derliche Rechtssicherheit für die privaten und behördlichen Adressaten des EWR- 
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