Europäischer Gerichtshof und EFTA-Gerichtshof
wonach der EFTA-Gerichtshof bei der Auslegung und Anwendung des
EWR-Abkommens die Rechtsprechung des EuGH «gebührend zu
berücksichtigen» hat.2*
Neben dem Vorlageverfahren ist der Gerichtshof für Entscheidun-
gen über Abkommensverletzungsklagen der Überwachungsbehörde
gegen EFTA-Staaten,®5 für die Beilegung von Streitigkeiten zwischen
zwei oder mehreren EFTA-Staaten”® sowie für die Entscheidung von
Nichtigkeits-, Untätigkeits- und Schadenersatzklagen gegen die Über-
wachungsbehörde?? zuständig.528
3. Rechtsnatur des EWR-Abkommens
Das EWR-Abkommen und sein Recht zählen zum Völkerrecht.”? Auch
die Beschlüsse des Gemeinsamen EWR-Ausschusses5 über die Ände-
rung der Anhänge des EWR-Abkommens haben den Charakter völker-
rechtlicher Verträge. Sie unterstehen als solche den verfassungsrechtli-
chen Regeln über den Abschluss von Staatsverträgen. Sie bedürfen zu
ihrer Gültigkeit der Zustimmung des Landtages.!
524 Vgl. Astrid Epiney/Beate Metz/Benedikt Pirker, Parallelität der Rechtsentwick-
lung, S. 79 f.
525 Siehe Art. 108 Abs. 2 Bst. a EWRA und Art. 31 UÜGA.
526 Siehe Art. 108 Abs. 2 Bst. c EWRA und Art. 32 UGA.
527 Siehe Art. 36, 37 und 39 UGA.
528 Vgl. Halvard Haukeland Fredriksen, Europäische Vorlageverfahren, S. 32.
529 StGH 1995/14, Beschluss (Gutachten) vom 11. Dezember 1995, LES 3/1996, S. 119
(122). Nach StGH 2011/200, Urteil vom 7. Februar 2012, Erw. 3.2 (im Internet
abrufbar unter: <www.gerichtsentscheide.li>) wurde mit dem EWR-Abkommen
«im Gegensatz zu den Europäischen Gemeinschaften keine supranationale Gemein-
schaft» begründet. Vgl. auch Daniel Thürer, Liechtenstein und die Völkerrechts-
ordnung, S. 112 f. mit weiteren Hinweisen und Stefan Becker, Völkerrecht und Lan-
desrecht, S 201 f. mit weiteren Hinweisen.
530 Siehe Art. 92 ff. EWRA. Der Gemeinsame EWR-Ausschuss nimmt eine Schlüssel-
stellung ein. Er überwacht die parallele Entwicklung der Rechtsprechung des
EuGH und des EFTA-Gerichtshofs. Er entscheidet auch über die Einführung neuer
Rechtsakte und bietet ein Forum für die Schlichtung von Streitigkeiten. Vgl. Astrid
Epiney/ Beate Metz / Benedikt Pirker, Parallelität der Rechtsentwicklung, S. 78.
531 StGH 1995/14, Beschluss (Gutachten) vom 11. Dezember 1995, LES 3/1996, S. 119
(123).
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