Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Verhältnis zu anderen Staatsorganen 
sungsfragen und der damit verbundenen verfassungsrechtlichen Aufga- 
benverteilung zwischen ihm und den Fachgerichten.*5 
Soweit der Staatsgerichtshof die Beachtung verfassungsrechtlicher 
Bindungen prüft, misst er die fachgerichtliche Entscheidung direkt bzw. 
unmittelbar an den Grundrechten. Diese Art der Kontrolle erweist sich 
als erheblich enger als die eines Revisionsgerichts. Der Staatsgerichtshof 
ist nach seinen Worten denn auch keine «Superberufungs- und Super- 
revisionsinstanz».*51 Das würde bedeuten, dass er sich als eine zusätzliche 
Instanz begreifen würde, welche die bekämpfte fachgerichtliche Ent- 
scheidung am Massstab des einfachen Rechts beurteilt. Zur verbindlichen 
Entscheidung von Zweifelsfragen des einfachen Rechts sind nach der 
Konzeption der Verfassung die Fachgerichte, d. h. ordentlichen Gerichte 
bzw. der Verwaltungsgerichtshof, zuständig. Dem Staatsgerichtshof sind 
verfassungsrechtliche Fragen zur Entscheidung zugewiesen.“2 Er ver- 
neint seine Zuständigkeit, im Individualbeschwerdeverfahren letzt- 
instanzliche gerichtliche Entscheidungen zu prüfen, die lediglich das ein- 
fache Gesetz auslegen und anwenden.“ Der Staatsgerichtshof ist inso- 
weit keine «Superberufungs- und Superrevisionsinstanz». Er kann des- 
halb die Einhaltung des einfachen Rechts nur am Willkürraster kontrol- 
lieren, der sich im Prüfungsumfang und in der Prüfungsdichte von der 
spezifischen Grundrechtsprüfung unterscheidet.“* Willkür ist dann ge- 
geben, wenn eine fachgerichtliche Entscheidung ein Gesetz in erhebli- 
chem Masse fehlerhaft bzw. qualifiziert falsch auslegt und anwendet, so- 
dass sie nicht mehr «vertretbar» bzw. «stossend» ist.“ 
  
450 Vgl. Art. 97 ff. LV (ordentliche Gerichte) und Art. 102 f. LV (Verwaltungsgerichts- 
hof) sowie Art. 104 f. LV (Staatsgerichtshof). 
451 Vgl. Tobias Michael Wille, Verfassungsprozessrecht, S. 51 f. mit Rechtsprechungs- 
hinweisen. 
452 So wenn fachgerichtliche Rechtsauslegung und Rechtsanwendung Grundrechte ver- 
letzen. Siehe Hugo Vogt, Das Willkürverbot und der Gleichheitsgrundsatz, S. 451; 
zum deutschen Recht vgl. Ralf Alleweldt, Bundesverfassungsgericht, S. 173. 
453 Vgl. Herbert Wille, Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein, S. 55. 
454 Nach Hilmar Hoch, Schwerpunkte, S. 74 «kann bei der Durchsetzung des Willkür- 
verbots nicht der gleich strenge Prüfungsmassstab angewendet werden wie bei den 
spezifischen, nur punktuell geltenden Grundrechten». Es werde deshalb insbeson- 
dere auf eine differenzierte Verhältnismässigkeitsprüfung verzichtet. «Andernfalls 
würde das Verfassungsgericht zu einer zusätzlichen Revisionsinstanz.» Vgl. auch 
hinten 5. 683 ff. 
455 Vgl. StGH 1988/19, Urteil vom 27. April 1989, LES 3/1989, S. 122 (125); SIGH 
1995/28, Urteil vom 24. Oktober 1996, LES 1/1998, S. 6 (11 Erw. 2.2) und dazu 
680
	        

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