Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Staatsgerichtshof und die anderen (Fach-)Gerichte 
«Grundrechtsfragen» eingeengt,** die dem Staatsgerichtshof in erster 
Linie als verfassungsrechtliche Prüfungsmassstäbe zur Verfügung ste- 
hen. Die Grundrechte strahlen auf die gesamte Rechtsordnung aus. Sie 
sind nicht nur auf die Abwehr staatlicher Eingriffe beschränkt,*5 sodass 
auch die Fachgerichte angehalten sind, die Grundrechte zu wahren. 
Damit kann jede Gesetzesauslegung zu einer Frage des spezifischen Ver- 
fassungsrechts werden und der Prüfungszuständigkeit des Staatsge- 
richtshofes unterliegen.‘46 
In Anlehnung an die Judikatur des deutschen Bundesverfassungs- 
gerichts verletzt ein Fachgericht «spezifisches Verfassungsrecht»*"7, 
wenn es bei der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts über- 
sehen hat, welche Grundrechte einschlägig sind oder wenn seine Ent- 
scheidung auf Auslegungsfehlern beruht, denen eine grundsätzlich 
unzutreffende Anschauung von der Bedeutung und Tragweite eines 
Grundrechts zugrunde liegt.*#$ 
Diese Begrenzung der Kontrollkompetenz ergibt sich aus dem 
Charakter der Individualbeschwerde als ausserordentlichem Rechtsbe- 
helf,#9 der Stellung des Staatsgerichtshofes als Spezialgericht für Verfas- 
  
2/1997, S. 73 (75), Erw. 5 aufgegriffen habe, dem deutschen Bundesverfassungsge- 
richt zur prinzipiellen Umschreibung seiner Kontrollkompetenz gegenüber der 
Fachgerichtsbarkeit. 
444 Vgl. Tobias Michael Wille, Verfassungsprozessrecht, S. 647 und die dort in Fn. 1081 
erwähnte Judikatur; siehe auch die bei Hugo Vogt, Das Willkürverbot und der 
Gleichheitsgrundsatz, S. 446 wiedergegebene Formel des Staatsgerichtshofes (StGH 
2003/67, Urteil vom 2. März 2004, 5. 16, nicht veröffentlicht), die er zur funktionell- 
rechtlichen Abgrenzung gegenüber den Fachgerichten verwendet, und die dort in 
Fn. 72 aufgeführte Judikatur und Literatur. 
445 Zu den objektiv-rechtlichen Grundrechtsfunktionen siehe Wolfram Höfling, 
Grundrechtsordnung, S. 47 ff. und 55 ff.; Klaus Stern, Staatsrecht, Bd. IT1/2, S. 1337. 
446 Vgl. für das deutsche Recht Ulrike Lembke, Freiheit aus Erkenntnis, S. 103 f. 
447 Zur sogenannten «Heck’schen Formel» siehe Ernst Benda/Eckart Klein/ Oliver 
Klein, Verfassungsprozessrecht, S. 205 f. Rz. 478 ff. 
448 Vgl. zu diesen zwei Fallkonstellationen Wolfram Höfling, Die Verfassungsbe- 
schwerde zum Staatsgerichtshof, S. 180 und 213 und ders., Adressaten der Grund- 
rechte, S. 51 f. Rz. 18; Hilmar Hoch, Staatsgerichtshof und Oberster Gerichtshof, 
S. 426 f. «Fallgruppen der Verkennung der Ausstrahlungswirkung» listet auch Ralf 
Alleweldt, Bundesverfassungsgericht, S. 184 ff. auf. Siehe auch Reinhold Zippelius/ 
"Thomas Würtenberger, Deutsches Staatsrecht, S. 523 Rz. 46 ff. 
449 Zur Doppelfunktionalität des Individualbeschwerdeverfahrens siehe Wolfram Höf- 
ling, Die Verfassungsbeschwerde zum Staatsgerichtshof, S. 68 f. 
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