Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Konstitutionelle Verfassungsbewegung 
lässt ($$ 34 und 37). Der Verfassungsentwurf definiert dementsprechend 
die Regierungsform als «monarchisch konstitutionelle» und bezeichnet 
den Landesherrn als «konstitutionellen Fürsten» ($ 3).12? 
Während der Fürst den Landesverweser, der als «Regierungsvor- 
steher» fungiert und im Namen des Fürsten die «Vollziehungsgewalt» 
wahrnimmt, allein («von sich selbst») bestellt, wählt er die «übrigen 
Staatsbeamten» auf Vorschlag des Landrates ($ 37). Der Landesverweser 
ist dem Landrat verantwortlich ($$ 34 und 96), der ihn aber nur wegen 
Verletzung der Verfassung oder der Gesetze oder pflichtwidriger Ver- 
ausgabung der Staatseinnahmen in den Anklagezustand versetzen 
kann. Nach dem Verfassungsentwurf von Peter Kaiser sollte der Lan- 
desverweser auf Vorschlag der Volksvertretung (Landrat) vom Fürsten 
ernannt werden. Er sollte auch — wie übrigens alle Beamten — dem Land- 
rat verantwortlich sein und auf zweimaligen Antrag abberufen werden 
müssen. Dieser Vorschlag hätte eine parlamentarische Verantwortlich- 
keit beinhaltet. !® 
Der Landrat ist die «oberste gesetzgebende Behörde», die vom 
Volk gewählt wird und seinen Anteil an der Gesetzgebung in dessen 
Namen und Vertretung ausübt ($ 65). Das Recht der freien Wahl des 
Landrates ist den Staatsangehörigen verfassungsmässig garantiert ($ 55). 
Ohne seine Zustimmung darf kein Gesetz kundgemacht, keine Steuern 
erhoben und keine Staatsanleihen aufgenommen werden ($ 91). Demzu- 
folge entspricht es der Stellung des Landrates als oberster gesetzgeben- 
der Behörde, dass der Fürst, der mit dem Landrat das Gesetzgebungs- 
recht teilt, nur mehr über ein suspensives Veto verfügt ($ 81).!3 Es soll 
allerdings nur unter erschwerten Bedingungen ausser Kraft gesetzt wer- 
den können. Danach tritt ein Gesetzesvorschlag, der auch in der dritten 
Beratung aufrechterhalten wird, nachdem er in zwei verschiedenen Sit- 
  
129 Dieser Passus wurde vom Landrat bereits im revidierten Verfassungsentwurf vom 
22. Dezember 1849 fallen gelassen. Siehe Peter Geiger, Geschichte, S. 173 f. 
130 Peter Geiger, Geschichte, S. 99. 
131 Peter Geiger, Geschichte, S. 98 f. Der liechtensteinische Vertreter in der National- 
versammlung, Karl Schädler, sprach sich mit der Minderheit für ein beschränktes 
Veto der Regierungen (Fürsten) gegen Beschlüsse der Volksvertretungen und 
ebenso dafür aus, dass eine Landesverfassung nicht einseitig von der Regierung 
(Fürsten) gegeben oder geändert werden dürfe. Siehe Peter Geiger, Geschichte, 
$.145 Fn. 109. Zur Person von Karl Schädler siehe Rudolf Rheinberger, in: Histori- 
sches Lexikon, Bd. 2, S. 829-831. 
66
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.