Verhältnis zu anderen Staatsorganen
allgemein verbindliche Wirkung entfalten. Eine derartig ausgestaltete
Verfassungsgerichtsbarkeit passt an sich nicht eigentlich in das klassische
Schema der Gewaltenteilung, da sie einerseits Rechtsprechung ist und
andererseits Gesetze prüfen und kassieren kann.?”* Sie tangiert die
gesetzgeberische Autorität.
Die verfassungsrechtlichen Grenzen des Staatsgerichtshofs als Ver-
fassungsgericht im Verhältnis zum Gesetzgeber sind nach einem Gross-
teil der Lehre”5 unter funktionell-rechtlichen Gesichtspunkten zu
bestimmen,” wobei es schwierig ist, in der Zuordnung zwischen diesen
beiden Staatsorganen verfassungsgerechte Grenzen zu ziehen,”7 da
ihnen die Verwirklichung der Verfassung gemeinsam als Aufgabe und
Pflicht obliegt.”® Eine zu weit ausgreifende Rechtsprechung des Staats-
gerichtshofs könnte den eigenen Entscheidungsspielraum des Gesetzge-
bers schmälern bzw. den legislativen Aufgaben- und Zuständigkeitsbe-
reich beeinträchtigen, den er zu respektieren hat. Aus dem funktionalen
Verhältnis der Verfassungsgerichtsbarkeit zu anderen Staatsorganen lässt
sich zwar ein Instrumentarium herleiten. Dieses reicht aber, namentlich
im Verhältnis zum Gesetzgeber, für sich allein noch nicht aus, um befrie-
digende Abgrenzungen ziehen zu können.?”?
Im Mittelpunkt dieser Thematik steht demnach die Reichweite der
Verfassungsgerichtsbarkeit bzw. der Umfang des verfassungsrechtlichen
Überprüfungsrechts des Staatsgerichtshofs im Verhältnis zur politischen
Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers.
richtshof den Gesetzgeber nicht unmittelbar überprüft, sondern nur die Art und
Weise, in der die anderen Gerichte mit dem Verhältnis von Gesetz und Verfassung
umgehen. In dieser Konstellation gibt er den Gerichten «verfassungsgerichtliche
Standards» vor. Siehe Christoph Möllers, Legitimation des Bundesverfassungsge-
richts, S. 326.
374 Vgl. Gerd Roellecke, Aufgaben und Stellung, S. 1216 Rz. 40.
375 Siehe Gerd Roellecke, Aufgaben und Stellung, S. 1216 Rz. 41 mit weiteren Litera-
turhinweisen; Werner Heun, Funktionell-rechtliche Schranken, S. 12 ff.
376 So für die bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung in Deutschland Philipp
Austermann, Die rechtlichen Grenzen des Bundesverfassungsgerichts, S. 272,
wonach sich deren Grenzen «nur mithilfe der Verfassungsinterpretation unter
Zuhilfenahme funktionell-rechtlicher Gesichtspunkte konturieren>» lassen.
377 Siehe Hugo Vogt, Das Willkürverbot und der Gleichheitsgrundsatz, S. 108.
378 Formulierung in Anlehnung an Fritz Ossenbühl, Bundesverfassungsgericht und
Gesetzgeber, S. 38.
379 Vgl. Helmut Simon, Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 1669 f. Rz. 54.
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