Verfassungsentwürfe und -projekte von 1848
auch in den Grundsätzen dem demokratischen Staatsgedanken, wie ihn
Peter Kaiser verfochten hat. Es gibt aber auch Abweichungen, wie bei-
spielsweise die Frage der politischen Verantwortlichkeit des Landesver-
wesers, die Peter Kaiser im Sinne eines Abberufungsrechts des Landra-
tes löste, womit er ihm ein politisches Übergewicht gegenüber dem Lan-
desfürsten einräumte. Diesem Vorschlag schloss sich der Verfassungsrat
nicht an.
Es ist auch bezeichnend, wie Peter Geiger!? vermerkt, dass gerade
jene Vorschriften des Entwurfs des Verfassungsrates, die vom Projekt
Peter Kaisers stammten, vom Fürsten nicht gebilligt wurden. Landes-
verweser Johann Michael Menzinger!**, der an der Verfassungsarbeit des
Verfassungsrates beteiligt war,!?® ist entschieden der Ansicht, «der Fürst
soll auch Fürst bleiben, es sollen ihm seine Rechte, die nie zur Bedrü-
ckung des Volkes angewendet worden sind, unverkümmert belassen
seyn.»126 Über ihn kamen im Verfassungsrat auch die Verfassungsvor-
stellungen von Franz Joseph Oehri!?” zur Sprache, der sich mit Peter
Kaisers Verfassungsentwurf eingehend auseinandergesetzt und ihn kom-
mentiert hatte. Er tritt im Unterschied zu Peter Kaiser für eine «ausge-
glichenere Balance zwischen Fürst und Volk» ein. 12%
2. Im Besonderen
Nach dem Verfassungsentwurf des Verfassungsrates geht die staatliche
Gewalt nicht mehr vom Fürsten allein aus. Fürst und Volk stehen einan-
der im Staat als Staatsorgane gleichberechtigt gegenüber. So heisst es in
$ 34, dass die höchste Gewalt in Bezug auf die Gesetzgebung, Verwal-
tung und Rechtspflege beim Fürsten und Volke «vereint» sei. Der Fürst
ist oberstes Vollzugsorgan ($$ 34 und 94). Die Exekutivgewalt liegt allein
bei ihm, die er durch den von ihm ernannten Landesverweser ausüben
123 Peter Geiger, Geschichte, S. 101.
124 Zu seiner Person siehe Karl Heinz Burmeister, in: Historisches Lexikon, Bd. 2,
5.612.
125 Vgl. Peter Geiger, Geschichte, S. 105 f. und 117.
126 Zitiert nach Peter Geiger, Geschichte, S. 105.
127 Zu seiner Person siehe Roland Steinacher, in: Historisches Lexikon, Bd. 2, 5. 674.
128 Vgl. Peter Geiger, Geschichte, S. 102 ff.
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