Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Verfahrensarten 
b) Konkretes Gesetzesprüfungsverfahren 
ba) Auf Antrag eines Gerichts 
baa) Vorlagerecht und Vorlagepflicht 
Erachtet das Gericht in einem Rechtsstreit, der bei ihm anhängig ist, das 
Gesetz oder die Gesetzesbestimmung, die es anzuwenden hat und die 
für dieses Verfahren ausschlaggebend bzw. präjudiziell ist,?73 als verfas- 
sungswidrig, setzt es dieses Verfahren aus und legt dem Staatsgerichtshof 
gleichzeitig die Frage der Verfassungsmässigkeit zur Entscheidung vor. 
Vorlagerecht und Vorlagepflicht fallen so gesehen zusammen.?* Es 
besteht in diesem Fall eine Vorlagepflicht.?> Der Vorlagebeschluss des 
(Fach-)Gerichts, das den Antrag stellt, ist nicht anfechtbar.?7® 
Antragsberechtigt sind die ordentlichen Gerichte des Zivil- und 
Strafverfahrens aller Instanzen. Dazu zählen das Landgericht, das Ober- 
gericht und der Oberste Gerichtshof. Die Stellung im Instanzenzug ist 
nicht von Belang. In Verwaltungssachen ist es der Verwaltungsgerichts- 
hof. Es gibt keine gerichtsinstanzliche Vorlagebeschränkung.?77 
«Anhängige Verfahren» können solche des streitigen Zivilprozes- 
ses oder der freiwilligen Gerichtsbarkeit wie auch Verfahren in Aus- 
übung der Aufsichtspflicht sein.278 
bab) Antragsbegründung und «Aufhebungsbegehren» 
Das (Fach-)Gericht hat seinen Prüfungsantrag rechtlich zu begründen. 
Der Staatsgerichtshof betrachtet eine Begründung als hinreichend, wenn 
  
273 Zum Begriff der Präjudizialität als zwingende Voraussetzung siehe Herbert Wille, 
Normenkontrolle, S. 169 ff. 
274 Vsgl. für Deutschland auch Ernst Benda/ Eckart Klein/ Oliver Klein, Verfassungs- 
prozessrecht, S. 317 Rz. 770. 
275 Siehe Tobias Michael Wille, Verfassungsprozessrecht, S. 171 f. Die Vorlagepflicht 
fällt auch dann nicht dahin, wenn bereits ein anderes Gericht dasselbe Gesetz oder 
dieselbe Gesetzesbestimmung dem Staatsgerichtshof unterbreitet hat. Vgl. Tobias 
Michael Wille, Verfassungsprozessrecht, S. 173; vgl. auch Ernst Benda/ Eckart Klein 
/ Oliver Klein, Verfassungsprozessrecht, S. 317 Rz. 771. 
276 Tobias Michael Wille, Verfassungsprozessrecht, S. 174 f. 
277 Vgl. Herbert Wille, Normenkontrolle, S. 178 f.; Tobias Michael Wille, Verfassungs- 
prozessrecht, S. 169 f. 
278 StGH 1995/15, Urteil vom 31. Oktober 1995, LES 2/1996, 5. 61 (64 Erw. 1); siehe 
dazu auch Tobias Michael Wille, Verfassungsprozessrecht, S. 170 f. 
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