Konstitutionelle Verfassungsbewegung
$4 VERFASSUNGSENTWÜRFE
UND -PROJEKTE VON 1848
I. Verfassungsentwurf von Peter Kaiser
Der Verfassungsentwurf von Peter Kaiser vom März 184812 beteiligt das
Volk an der «höchsten Gewalt», die Fürst und Volk innehaben. Sie bil-
den zusammen die gesetzgebende Gewalt bzw. Behörde. Anstelle des
Volkes tritt ein von ihm «frei erwählter Landrath» ($ 7). Dieser besteht
aus 24 Mitgliedern, die in den Gemeinden «frei gewählt werden» ($ 12).
Er entscheidet über die Ausgaben und Einnahmen allein und prüft den
Rechenschaftsbericht der gesamten Verwaltung, deren Beamte ihm ver-
antwortlich sind ($ 14).
Der Verfassungsentwurf rückte vom monarchischen Prinzip ab,
wonach die gesamte Staatsgewalt im Fürsten vereinigt war. Der Fürst
verkörperte nicht mehr den Staat. Das Volk sollte massgeblich an der
Staatsgewalt beteiligt werden. So sollte die gesetzgebende Gewalt bei der
Gesamtheit der Bürger und beim Fürsten liegen und von ihnen gemein-
sam ausgeübt werden.
II. Verfassungsentwurf des Verfassungsrates
1. Im Allgemeinen
Der Verfassungsrat, der seine Hauptaufgabe in der Ausarbeitung einer
freiheitlichen Verfassung sah, baute zu einem wesentlichen Teil auf dem
Verfassungsentwurf von Peter Kaiser auf, der wegen «republikanischer
Tendenzen» beim Regierungsamt!?! auf Ablehnung stiess. Der Verfas-
sungsentwurf des Verfassungsrates vom 1. Oktober 1848!2 folgt denn
120 Im Internet abrufbar unter: <www.e-archiv.li>.
121 Im fürstlichen Handbillet vom 8. April 1848 wurden das «Oberamt» in «Regie-
rungsamt» und der «Landvogt» in «Landesverweser» umbenannt. Siehe Peter Gei-
ger, Geschichte, S. 72.
122 Im Internet abrufbar unter: <www.e-archiv.li>. Er wurde nach Beratung in den
Gemeindeversammlungen samt Wahlordnung am 1. Oktober 1848 dem Fürsten
übermittelt. Siehe Peter Geiger, Geschichte, S. 107.
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