Verfahrensarten
c) Grundrechtliche Konzeption der Gemeindeautonomie — Kritik
Der Staatsgerichtshof misst den Gemeinden eine «verfassungswesentli-
che» Bedeutung bei, sodass es ihm als richtig erscheint, ihnen «zum
Schutz ihrer Autonomie dort die Legitimation zur Verfassungsbe-
schwerde zuzugestehen, wo sie in verfassungsrechtlich gewollten und
geschützten Selbstverwaltungsrechten getroffen ist».2®% Er stützt diese
Aussage auf «die seit Jahrzehnten feststehende Rechtsprechung des
schweizerischen Bundesgerichts», wonach die öffentlich-rechtlichen
Gemeinden legitimiert sind, staatsrechtliche Beschwerde zu erheben,
«wenn sie in ihrer kantonalrechtlich geschützten Autonomie, d. h. in
Bereichen relativ erheblicher Entscheidungsfreiheit in Rechtsetzung und
Rechtsanwendung, betroffen sind». Auch in Österreich, so der Staatsge-
richtshof, geniesse der eigene Wirkungsbereich der Gemeinden, wie dies
aus Art. 119a B-VG hervorgehe, gerichtlichen Schutz.?®
Die Gemeindeautonomie wird auf diese Weise «in ihrem Kern ge-
wissermassen aus der objektiven Verfassungsstellung in die Position ei-
nes subjektiven, verfassungsmässig gewährleisteten Rechts gehoben»,2!°
obwohl sich die Verfassung im Bereich des Gemeindewesens nicht mehr
an die Regelung der Konstitutionellen Verfassung von 1862 anlehnt, die
die gemeindliche Selbstverwaltung zu den allgemeinen Rechten und
Pflichten der Landesangehörigen zählte. In diesem Punkt setzt denn auch
die Kritik an, die auf die «deutliche Separierung» des Bereichs der kom-
munalen Selbstverwaltung aufmerksam macht, den die Verfassung von
1921 in einem eigenen Hauptstück «Vom Gemeindewesen» gegenüber
der Konstitutionellen Verfassung von 1862 vornimmt, die das Gemein-
dewesen unter dem Hauptstück «Von den allgemeinen Rechten und
Pflichten der Landesangehörigen» ın $ 22 aufgeführt hatte.2?!! Diese vom
bisherigen Verfassungsrecht abweichende Verortung der kommunalen
Selbstverwaltung folgt dem Verfassungsentwurf von Wilhelm Beck, der
in systematischer Hinsicht das VII. Hauptstück «Vom Gemeindewesen»
208 StGH 1984/14, Urteil vom 28. Mai 1986, LES 2/1987, S. 36 (38 f. Erw. 1) mit Hin-
weisen auf die schweizerische Literatur.
209 StGH 1984/14, Urteil vom 28. Mai 1986, LES 2/1987, S. 36 (38 f. Erw. 1) mit Hin-
weisen auf die schweizerische Literatur.
210 So Gerard Batliner, Die liechtensteinische Rechtsordnung, S. 123 Fn. 65.
211 Siehe Gerard Batliner, Die liechtensteinische Rechtsordnung, S. 123 Fn. 65; Wolfram
Höfling, Grundrechtsordnung, S. 251 f.
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