Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Zuständigkeiten und Verfahren 
II. Individualrechtsschutz — Grundrechtsschutz 
1.  Individualbeschwerde 
a) Begriff 
Die Individualbeschwerde, die als Verfassungsbeschwerde aus entste- 
hungszeitlicher Sicht ursprünglich gegen den «Polizeistaat»!?? gerichtet 
gewesen ist, ist ein ausserordentlicher Rechtsbehelf,!”® der dem Einzel- 
nen den Zugang zum Staatsgerichtshof eröffnet. Jedermann kann die 
Individualbeschwerde mit der Behauptung erheben, durch die inländi- 
sche!7* öffentliche Gewalt in einem seiner verfassungsmässig gewähr- 
leisteten Rechte!?® verletzt zu sein. Es handelt sich um administrative 
oder judikative Hoheitsakte des Gemeinwesens, die rechtliche Wirkun- 
gen erzeugen.!’6 Somit kann ein Grundrechtsträger!”” sein subjektives 
Recht in einem besonderen verfassungsgerichtlichen Verfahren geltend 
machen, sofern der angefochtene Hoheitsakt die verfahrensspezifischen 
Zulässigkeitsvoraussetzungen der «Enderledigung» und der «Letztin- 
172 Siehe zu den Anfängen und zur Entstehungsgeschichte Herbert Wille, Normen- 
kontrolle, S. 37 f. und ders., Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechten- 
stein, S. 21; vgl. auch Wolfram Höfling, Die Verfassungsbeschwerde zum Staatsge- 
richtshof, S. 24 f. 
173 Siehe Tobias Michael Wille, Verfassungsprozessrecht, S. 108 f. mit weiteren Litera- 
tur- und Rechtsprechungsangaben. 
174 Siehe Wolfram Höfling, Die Verfassungsbeschwerde zum Staatsgerichtshof, 
S. 153 ff. mit weiteren Literatur- und Rechtsprechungshinweisen. Er thematisiert in 
diesem Zusammenhang auch die «vereinbarte Abtretung judikativer Kompetenzen, 
z. B. im Rahmen des Zollvertrages an die Schweiz». Er verneint grundsätzlich die 
Frage, ob die Kompetenz des Staatsgerichtshofes im Individualbeschwerdeverfah- 
ren «auch die aufgrund solcher «Übertragungen» ergangenen Urteile der schweizeri- 
schen (<als» liechtensteinische?) Gerichte erfasst». 
175 Zu ihnen zählen, wie vorhin erwähnt, auch solche, die internationale Übereinkom- 
men garantieren, für die der Gesetzgeber ein Individualbeschwerderecht ausdrück- 
lich anerkannt hat. 
176 Dabei geht es nicht um «rein informale Akte». Die Individualbeschwerde setzt 
voraus, dass eine rechtliche Verletzung der Grundrechte überhaupt möglich ist. So 
Werner Heun, Verfassungsordnung, S. 203. 
177 Zu den Trägern der Grundrechte siehe Wolfram Höfling, Träger der Grundrechte, 
S.57 ff. 
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