Entstehung und verfassungsrechtlicher Status
anderer Staatsorgane nur kontrollieren kann.” Es wird auch eingewen-
det, dass Funktionen der Staatsleitung, wie sie der Gesetzgeber und die
Regierung wahrnehmen, nur «eigeninitiativ denkbar» sind und der
Staatsgerichtshof ein Gericht ist,® das in einem eigenen, für ihn vorgese-
henen gerichtlichen Verfahren seine Entscheidungen ausschliesslich am
Massstab der Verfassung trifft und auch treffen muss, wenn es angerufen
wird. Solche Entscheidungen liegen gleichwohl auf der «Ebene der
Staatsleitung», zählt doch zu ihr in einem Verfassungsstaat auch die
Bewahrung der Verfassung, «die Grundlage und Rahmen staatlicher
Tätigkeit ist».%
Stellt man vorwiegend auf die Entscheidungswirkung ab, die
staatspolitisches Gewicht haben kann, ist eine Teilhabe an der Staatslei-
tung nicht auszuschliessen. Eine originäre politische Gestaltungskraft ist
aber dem Staatsgerichtshof abzusprechen.®
79 Vsl. Tobias Michael Wille, Verfassungsprozessrecht, S. 57 unter Bezugnahme auf
Konrad Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland,
$. 241 Rz. 566.
80 Christoph Möllers, Legitimation des Bundesverfassungsgerichts, S. 359, der auf-
grund der Gerichtseigenschaft dem Bundesverfassungsgericht keine staatsleitenden
Kompetenzen zugesteht. Vgl. auch Klaus Schlaich, Verfassungsgerichtsbarkeit im
Gefüge der Staatsfunktionen, S. 116 Fn. 56, der gegenüber einer Staatsleitung
Bedenken äussert.
81 Der Staatsgerichtshof trifft beispielsweise auch die «letztverbindliche Wertentschei-
dung», wenn es um die Frage geht, was als Verfassungsrecht im materiellen Sinn
bzw. als verfassungsmässig gewährleistetes Recht gemäss Art. 104 Abs. 1 IV gilt.
Vgl. Tobias Michael Wille, Verfassungsprozessrecht, S. 71.
82 Christian Starck, Bundesverfassungsgericht in der Verfassungsordnung, S. 5.
83 Nach Hans-Jürgen Papier, Bundesverfassungsgericht, S. 223 kann unter den dort
genannten Bedingungen dem Bundesverfassungsgericht eine «Teilhabe an der poli-
tischen Staatsleitung» zukommen.
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