Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Entstehung und verfassungsrechtlicher Status 
des-Verfassungsgesetz vom 1. Oktober 1920, so stimmt der Staatsge- 
richtshof, so wie er seine nähere Ausprägung im Staatsgerichtshofgesetz 
von 1925 und 2003 erhalten hat,?! mit ihm darin überein, dass er eben- 
falls ein selbständiges (Verfassungs-)Gericht ist, sodass in diesem 
Zusammenhang von «konzentrierter» Verfassungsgerichtsbarkeit die 
Rede ist.” Der Staatsgerichtshof unterscheidet sich vom österreichischen 
Verfassungsgerichtshof aber insoweit, als er wie das deutsche Bundes- 
verfassungsgericht gegenüber den anderen «Fachgerichten», d.h. 
ordentlichen Gerichten? und Verwaltungsgerichtshof**, nicht nur eigen- 
ständig, sondern ihnen «sachlich und funktionell» übergeordnet ist. So 
werden enderledigende* letztinstanzliche” Entscheidungen der Fachge- 
richte, die die Verfassung bzw. Grundrechte verletzen, auf Antrag des 
Beschwerdeführers vom Staatsgerichtshof aufgehoben, der ihnen gege- 
benenfalls aufträgt, in der Sache neuerlich zu entscheiden.?® 
Dieses Konzept der Verfassungsgerichtsbarkeit geht ganz vom 
Vorrang der Verfassung aus, der durch ein eigenes Organ, den Staatsge- 
richtshof, gesichert wird.” Es hebt ihn von anderen Gerichten ab. Seine 
Stellung ist denn auch eine andere als diejenige der anderen Gerichte, 
  
31 Siehe LGBl. 1925 Nr. 8 und LGBl. 2004 Nr. 32. 
32 Vgl. Tobias Michael Wille, Verfassungsprozessrecht, S. 28 f. mit weiteren Literatur- 
hinweisen; für das deutsche Bundesverfassungsgericht Matthias Jestaedt, Phänomen 
Bundesverfassungsgericht, S. 112, der es als «konzentriertes und isoliertes Verfas- 
sungsgericht» bezeichnet. 
33 Siehe Art. 97 ff. LV und Art. 1 Gerichtsorganisationsgesetz (GOG). 
34 Siehe Art. 102 LV und Art. 1 ff. LVG i. d. F. LGBl. 2004 Nr. 33. 
35 Vgl. für das deutsche Bundesverfassungsgericht Ernst-Wolfgang Böckenförde, Ver- 
fassungsgerichtsbarkeit, S. 14. 
36 Siehe Tobias Michael Wille, Verfassungsprozessrecht, S. 557 ff.; Peter Bussjäger, 
Enderledigende Entscheidung, S. 83 ff. 
37 Siehe Tobias Michael Wille, Verfassungsprozessrecht, S. 562 ff. und Wolfram Höf- 
ling, Die Verfassungsbeschwerde zum Staatsgerichtshof, 5. 57 ff. 
38 Siehe Art. 15 und 17 SEGHG und zum Begriff der «öffentlichen Gewalt» Tobias 
Michael Wille, Verfassungsprozessrecht, S. 127 und 696. Wolfram Höfling, Die Ver- 
fassungsbeschwerde zum Staatsgerichtshof, S. 129 bezeichnet die Zulassung der 
Individualbeschwerde gegen «Endentscheidungen» nicht nur des Verwaltungsge- 
richtshofes (vormals: Verwaltungsbeschwerde-Instanz), sondern auch des Obersten 
Gerichtshofes als «wesentliche und wegweisende Fortentwicklung des österrei- 
chischen Systems der Verfassungsgerichtsbarkeit». Er verweist diesbezüglich auf 
StGH 1995/28, Urteil vom 24. Oktober 1996, LES 1/1998, 5. 6 (11). 
39 Ernst-Wolfgang Böckenförde, Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 14. 
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