Rechtsetzungs- und Rechtsprechungsbefugnisse
würfe zu Gesetzes- und Finanzbeschlüssen sowie Staatsverträge nach
Art. 8 Abs. 2 der Verfassung» unterbreitet. Von ihr gehen die meisten
Gesetzesentwürfe aus. Sie ist massgeblich an der Rechtsetzung auf Ver-
fassungs- und Gesetzesebene beteiligt, sodass sie auch als das Organ
bezeichnet wird, «welches den weitaus überwiegenden Teil der Geset-
zesvorlagen ausarbeitet und die Berichte dazu erstattet».?”3 Insoweit
kann man das Gesetzesinitiativrecht zu den Rechtsetzungskompetenzen
der Regierung rechnen.
Der Anstoss zur Ausarbeitung eines Gesetzesentwurfes kann auf
eigene Initiative der Regierung zurückgehen oder eine Initiative des
Landesfürsten, der kein direktes Gesetzesinitiativrecht hat,?* oder einen
parlamentarischen Vorstoss, beispielsweise eine Motion? oder ein Pos-
tulat, zum Anlass haben.?® Die Regierung ist aufgrund ihrer eigenstän-
digen Stellung als Kollegialorgan — sie ist nicht «Vollzugsorgan des lan-
desherrlichen Willens» — rechtlich nicht verpflichtet, einen politischen
Gestaltungsvorschlag des Landesfürsten in eine Regierungsvorlage zu
übernehmen, da ihm keine Richtlinienkompetenz zusteht.?7
273 Vgl. BuA Nr. 24/2012 der Regierung vom 27. März 2012, S. 32; Hilmar Hoch, Ver-
fassung- und Gesetzgebung, S. 212; Michael Ritter, Die Organisation des Gesetzge-
bungsverfahrens, S. 72.
274 Siehe vorne S. 369.
275 Zur verfassungsrechtlichen Problematik siehe Gerard Batliner, Einführung in das
liechtensteinische Verfassungsrecht, S. 69; Hilmar Hoch, Verfassung- und Gesetz-
gebung, S. 212 und 213; Walter Kieber, Regierung, Regierungschef, Landesverwal-
tung, S. 306, der eine Lösung darin sieht, dass man die Motion als Auftrag versteht
und von inhaltlichen Vorgaben für den zu schaffenden Gesetzesbeschluss absieht,
um die Kompetenz der Regierung nicht zu verletzen.
276 Siehe die beispielhafte Aufzählung bei Michael Ritter, Die Organisation des Gesetz-
gebungsverfahrens, S. 72; vgl. auch Hilmar Hoch, Verfassung- und Gesetzgebung,
S.212f.
277 So Dietmar Willoweit, Verfassungsinterpretation im Kleinstaat, S. 204 f. Er begrün-
det seine Auffassung wie folgt: «Hätte die Verfassung die Richtlinienkompetenz in
der Person des Staatsoberhauptes verankern wollen, dann wäre ein Verfassungssatz
zu formulieren gewesen, wonach die Kollegialregierung bei ihren Beschlüssen den
Willen des Landesfürsten zu berücksichtigen habe. Der Regierung käme dann nur
die Stellung eines beratenden Organs zu. Dies ist aber offensichtlich nicht der
Normzweck der Art. 78 ff. LV.» Vgl. auch vorne S. 370 f.
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