Rechtsstellung, Wahl und Verantwortlichkeit
e) Vertrauensverlust
Die Befugnis eines Regierungsmitgliedes zur Ausübung seines Amtes
erlischt, wenn Landesfürst und Landtag übereinstimmend eine diesbe-
zügliche Entscheidung treffen. Sie können einzelne Regierungsmitglie-
der nicht einseitig entlassen.” Demgegenüber können Landesfürst und
Landtag je für sich der (Gesamt-)Regierung ihre Befugnis zur Amtsaus-
übung durch ein förmliches Misstrauensvotum entziehen, sodass sie ihre
Amtsgeschäfte nicht mehr weiterführen kann. Für die Zeit bis zum Amt-
santritt der neuen Regierung bestellt der Landesfürst eine Übergangsre-
gierung zur interimistischen Besorgung der gesamten Landes-
verwaltung.?!
Das sogenannte Misstrauensvotum ist an keine materiellen Krite-
rien gebunden. Es ist mit anderen Worten weder begründungspflichtig
noch auf die Amtspflichtverletzung oder auf irgendeinen anderen Tatbe-
stand eingeschränkt.
f) Amtsverlust im Ministeranklageverfahren
Wird ein Regierungsmitglied im Ministeranklageverfahren? wegen vor-
sätzlicher Verletzung der Verfassung oder eines bestimmten Gesetzes,
die es in Ausübung seiner Amtstätigkeit begangen hat, vom Staatsge-
richtshof verurteilt und erklärt dieser das Regierungsmitglied seines
Amtes verlustig, tritt mit der Verkündung oder Zustellung des Urteils
der Amtsverlust ein. Dementsprechend findet keine formelle Amtsent-
hebung durch den Landesfürsten statt.
30 Siehe Art. 80 Abs. 2 LV.
31 Siehe Art. 80 Abs. 1 LV und Günther Winkler, Verfassungsreform, S. 242; vgl. auch
vorne S. 337 ff.
32 Vgl. Günther Winkler, Verfassungsreform, S. 248 und 256; für Österreich siehe bei-
spielsweise Art. 74 Abs. 1 B-VG. Danach kann der Nationalrat der Bundesregierung
oder einzelnen Mitgliedern «ohne besondere Gründe» das Vertrauen versagen. Vgl.
Robert Walter/Heinz Mayer/Gabriele Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungs-
recht, S. 325 Rz. 662.
33 Siehe Tobias Michael Wille, Verfassungsprozessrecht, S. 222 ff. und S. 789 f.; für
Österreich siehe Robert Walter/ Heinz Mayer/ Gabriele Kucsko-Stadlmayer, Bun-
desverfassungsrecht, S. 550 ff. Rz. 1190 ff.; siehe auch vorne S. 528 f. und hinten
5. 658 ff.
34 Siehe Art. 62 Bst. g LV und Art. 34 SIGHG.
35 Vgl. Walter Kieber, Regierung, Regierungschef, Landesverwaltung, S. 317; Christine
Weber, Gegenzeichnungsrecht, S. 318 f.
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