Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Organisation und Zuständigkeiten 
5. Beschwerde bzw. Vorstellung an den Landesfürsten 
und die Regierung 
a) Verfassungsgeschichtlicher Hintergrund 
Diese in Art. 63 Abs. 2 LV als Antrag konzipierte Vorstellungs- oder 
Beschwerdemöglichkeit, «Mängel oder Missbräuche in der Staatsverwal- 
tung» dem Landesfürsten oder der Regierung zur Kenntnis zu bringen 
und ihre «Abstellung» zu beantragen, geht auf $ 40 bzw. 42 der Konsti- 
tutionellen Verfassung von 1862 zurück, in deren konstitutionell- 
monarchischer Staatsordnung Landesfürst, Landtag und Regierung eine 
wesentlich andere Stellung eingenommen haben, als dies in der Verfas- 
sung von 1921 der Fall ist. 
Der Landtag war befugt, beim Landesfürsten Vorstellungen und 
Beschwerden «in Beziehung auf Mängel und Missbräuche, die sich in der 
Landesverwaltung oder Rechtspflege ergeben», vorzubringen «und auf 
deren Abstellung anzutragen». Dem Landesfürsten oblag es, die ent- 
sprechenden Verfügungen zu treffen und den Landtag darüber zu infor- 
mieren. Der Landtag selber konnte ihnen nicht abhelfen, da die Regie- 
rung allein dem Landesfürsten unterstand, der sie auch bestellt. Sie war 
ausschliesslich eine Exekutive des Landesfürsten und damit dem Zustän- 
digkeitsbereich des Landtages entzogen.** Bei diesen Vorstellungen und 
Beschwerden handelte es sich um ein einfaches Beschwerderecht, das 
«auf die Selbstkorrektur der monarchischen Exekutive gerichtet war». 
Die einzelnen Staatsbürger (Landesangehörigen) konnten nicht 
direkt an den Landesfürsten gelangen. Sie mussten sich mit ihren Vor- 
stellungen, Petitionen und Beschwerden? an den Landtag wenden, der 
  
nen Strafrechts verstossen, wonach der Tatbestand jedes einzelnen Delikts mit allen 
Merkmalen genau und eindeutig bestimmt sein musste.» 
424 Siehe auch $ 93 der Amtsinstruktion von 1862, der die Geschäfte auflistet, die dem 
Fürsten vorbehalten sind. 
425 Vgl. Christian Hermann Schmidt, Vorrang der Verfassung, S. 74. 
426 $42 KV 1862 fasst die Beschwerden und Petitionen zusammen bzw. hält sie nicht 
auseinander. Hartmut Maurer, Die Verfassungsgewähr im konstitutionellen Staats- 
recht, S. 739 bemerkt, dass im damaligen Staatsrecht diese beiden Institutionen ver- 
schiedentlich begrifflich nicht gegeneinander abgegrenzt worden sind, obwohl die 
Beschwerde in der Regel bereits erfolgte Fehlentwicklungen der Exekutive betrof- 
fen, die Petition zukunftsgerichtete Wünsche und Anträge enthalten habe. 
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